Bestehende Wohnbaupotenziale schnell nutzen und die Nordweststadt als „Raumstadt“ im Grünen erhalten!
Vorlagentyp: OA
Inhalt
S A C H S T A N D :
Anregung vom 29.11.2018, OA 340 entstanden aus Vorlage:
OF 359/8 vom
06.11.2018 Betreff: Bestehende Wohnbaupotenziale schnell nutzen
und die Nordweststadt als "Raumstadt" im Grünen erhalten!
Vorgang: M 176/17; Beschl.
d. Stv.-V., § 2080/17; V 852/18 OBR 7; V 876/18 OBR 8; ST 1515/18;
ST 1698/18
Die Stadtverordnetenversammlung möge beschließen:
1. Der Magistrat wird gebeten, mit Hochdruck den 2014
zur Aufstellung beschlossenen Bebauungsplan Nr. 906 - Westlich der
Nordweststadt vorzulegen. 2.
Der Magistrat wird gebeten, in der Nordweststadt Potenziale der
Innenentwicklung zu prüfen, und zwar unter Wahrung der städtebaulichen Eigenart
der "Raumstadt" und der charakteristischen Stadtrandlage des Stadtteils sowie
unter Einbeziehung der Ergebnisse des Städtebaulichen Ideenwettbewerbs "Neue
Ideen für die Nordweststadt" . 3. Der Magistrat wird gebeten, zu prüfen und zu
berichten, ob auf der Grundlage des Bebauungsplans Nr. 199 die zwischen
Praunheim und Niederursel bestehenden Sportflächen erweitert und in die
Landschaft attraktiv eingebettet werden können. 4. Die Voruntersuchung gemäß Beschluss der
Stadtverordnetenversammlung vom 14.12.2017, § 2080, wird eingestellt.
5. Der Magistrat berichtet gemäß
Beschluss der Stadtverordnetenversammlung vom 14.12.2017, § 2080, umgehend
über die bisherigen Kosten der ergebnisoffenen Voruntersuchung einschließlich
der beauftragten externen Gutachten. Begründung: Der Ortsbeirat hält es für erforderlich, auf
schnellstem Wege mehr bezahlbaren Wohnraum zu schaffen, damit Frankfurt am Main
und speziell der Nordwesten für eine breite Bevölkerung attraktiv bleibt. Das Vorhaben, mit dem Instrument einer
städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme langfristig einen neuen Stadtteil für bis
zu 30.000 Menschen beidseits der A 5 zu schaffen, wird in Planung und
Umsetzung zu lange dauern, um den derzeit angespannten Frankfurter
Wohnungsmarkt wirkungsvoll zu entlasten. Zudem zeigen sich bereits heute
planerische Schwierigkeiten, die eine Realisierung des von der Koalition im
Römer "politisch gewollten" Stadtteils erheblich erschweren. So ist nach dem 3. Änderungsverfahren zum
Landesentwicklungsplan Hessen (LEP) mit Beschluss des Landtages vom 23.08.2018
bei der Festsetzung von neuen Baugebieten, die dem Wohnen dienen, ein Abstand
von mindestens 400 Metern zu einer planungsrechtlich gesicherten Trasse
einer Höchstspannungsleitung einzuhalten. Durch das Voruntersuchungsgebiet
verläuft eine solche Höchstspannungsfreileitung östlich der A5, dazu kommen
zwei Hochspannungsleitungen, die westlich und östlich der Autobahn oberirdisch
verlaufen. 135 Hektar Fläche, auf denen fast 7.000 Wohnungen
entstehen könnten, das sind nahezu zwei Drittel des angeblich bestehenden
Wohnraumpotenzials an der A 5, dürften nicht bebaut werden, wenn der LEP
in Kraft tritt, rechnete Stadtrat Mike Josef (SPD) noch im Juni des Jahres
selbst vor (FR v. 15.06.2018). Der jetzt beschlossene LEP bestimmt weiterhin das
Gebiet rund um die A 5 zum "Agrarischen Vorzugsraum". Für die
Landwirtschaft einschließlich Obst- und Gartenbau "besonders geeignete Flächen"
sind demnach "in ausreichendem Umfang" zu erhalten. Die Böden an der A 5
weisen eine neun Meter tiefe Lössschicht auf. Das bedeutet, dass man erst in
dieser Tiefe Steine findet. Die Ackerflächen im Voruntersuchungsgebiet sind von
höchster Qualität mit bis zu 90 von 100 Punkten. Der diesjährige Hitzesommer
hat hier kaum zu Ernteausfällen geführt. Hinzu kommen ertragreiche Anlagen wie
die Apfelplantage westlich der A 5. Solche Flächen wären nach LEP künftig
als "Vorhaltsgebiete für die Landwirtschaft" durch Festlegungen in den
Regionalplänen nicht nur zu sichern, sondern sogar zu konkretisieren. Nach dem neuen LEP sind zur langfristigen Sicherung
der Wasserversorgung in den Regionalplänen bestehende bedeutsame
Trinkwassergewinnungsanlagen mit einer Fördermenge von mindestens eine Million
Kubikmeter pro Jahr festzulegen. Das im Untersuchungsgebiet befindliche
Wasserwerk Praunheim II ist nach Auskunft des Magistrats für die Sicherstellung
der Trinkwasserversorgung in Frankfurt am Main "maßgeblich", denn es stellt
(2017) bis zu fünf Prozent der in Frankfurt benötigten Trinkwassermengen
bereit, derzeit zwischen 1,1 und 4,4 Millionen Kubikmeter im Jahr.
Außerdem stellt das Wasserwerk als "Hochpunkt" den erforderlichen Netzdruck
sicher, der für die Versorgung der Stadtteile Heddernheim, Nordweststadt und
Niederursel erforderlich ist. Derzeit soll zum Schutz der Praunheimer
Trinkwasserbrunnen durch die Landesregierung ein Wasserschutzgebiet gemäß § 51
Wasserhaushaltsgesetz festgesetzt werden. In der sogenannten "Engeren
Schutzzone II" gilt nach Mitteilung des Magistrats "in der Regel ein Bauverbot"
(Stellungnahmen des Magistrats vom 06.08.2018, ST 1515 und vom 03.09.2018,
ST 1698). Schon ein knappes Dreivierteljahr
nach dem Beschluss der Stadtverordnetenversammlung, eine ergebnisoffene
Voruntersuchung durchzuführen, stehen gravierende Hindernisse fest, die eine
Siedlungspolitik entlang der A 5 erschweren. Diese aus dem Weg zu räumen,
durch komplizierte Umplanungen und Verlegungen von Trassen - sogar eine
Verschwenkung der Autobahn zieht das Stadtplanungsamt in Erwägung -, wird zu
erheblichen Mehrkosten bei dieser städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme führen.
Schon über die Aufwendungen für die ergebnisoffene Voruntersuchung schweigt der
Magistrat bislang, obwohl zum 30.09.2018 der Stadtverordnetenversammlung dazu
ein Bericht hätte vorgelegt werden müssen
(§ 2080 - Ziffer 6). Ungeachtet aller Bürgerversammlungen und
Ortsbeiratsmeinungen wird zugleich die politische Werbetrommel für den
geplanten Stadtteil gerührt. Der Oberbürgermeister hat in seiner
SPD-Wahlkampfbroschüre dieses Baugebiet sogar schon zu den erledigten
Leistungen seiner ersten Amtszeit gezählt. Mehr oder weniger offen gehen
einzelne Magistratsmitglieder und Stadtverordnete über den Vorbehalt der
Stadtverordnetenversammlung, die Voruntersuchung zunächst abzuwarten, bevor
eine Entscheidung über den Bau des Stadtteils fällt, hinweg. Hinzu kommen die
nicht nachlassenden Proteste in den Umlandgemeinden, die von Anfang nicht
"mitgenommen", sondern als Nachbarn vor vollendete Tatsachen gestellt wurden.
Sogar der hessische Ministerpräsident Volker Bouffier (CDU) hat sich
eingeschaltet und sieht eine Bebauung westlich der A 5 und die
regionalpolitisch wenig sensible Kommunikationsstrategie des Frankfurter
Magistrats äußerst kritisch. Planungsdezernent Mike Josef verfährt gleichwohl nach
dem Motto: Augen zu und durch. Nach öffentlich geäußerter Darstellung der
SPD-Landtagskandidatin Dr. Arijana Neumann soll die städtische
Wohnungsbaugesellschaft ABG auf Wunsch ihres Aufsichtsratsvorsitzenden
Oberbürgermeister Peter Feldmann (SPD) schon vor Abschluss der
"ergebnisoffenen" Voruntersuchung Grundstücke ankaufen. Bauliche und
ökologische Hindernisse werden im Zweifel "umplant" und östlich der Autobahn
wird eben "dichter" gebaut, zulasten der Nordweststadt und Praunheims, um die
politisch verlangte Größenordnung des Projekts zu realisieren. Der Referent des
Planungsdezernenten hat bei einer Bürgerversammlung in der Nordweststadt
kürzlich zunächst berichtet, man habe im Rahmen der Voruntersuchung vor
Steinbach ein bislang unbekanntes Frischluftplateau gefunden, um dann nur noch
von "Frischluftrinnen", nicht einmal mehr von "Frischluftschneisen" zu
sprechen, die frei gehalten werden sollen, wenn der Stadtteil gebaut wird.
Stattdessen werden bestehende Potenziale, schnell zu
einem zur Nordweststadt passenden neuen Wohnraum zu kommen, nicht genutzt. Der
Bebauungsplan Nr. 906 wartet seit vier Jahren auf seine Aufstellung und
ist vom Magistrat zugunsten der ergebnisoffenen Voruntersuchung einstweilen
zurückgestellt. Dabei ist die Fläche sofort bebaubar, weil sie bereits im
Flächennutzungsplan festgesetzt und damit auch regionalpolitisch einvernehmlich
gesichert ist. Die vor Jahren mit Bürgerinnen und Bürgern erarbeiteten
konstruktiven Ideen zur städtebaulichen Weiterentwicklung der Nordweststadt
sind mit einer Ausnahme bislang nicht weiterverfolgt worden. Zusätzlich könnten
zwischen der Nordweststadt und Praunheim attraktive Sportflächen mit
Naherholungsmöglichkeiten kombiniert werden, die unmittelbar den benachbarten
Stadtteilen zugutekämen. So fehlt z. B. seit dem Bau der Europäischen
Schule eine Laufanlage für Leichtathleten, die auch von den Schulen und den
Vereinen genutzt werden kann. Eine Großsiedlung im Dreieck Steinbach, Praunheim,
Niederursel wäre gegen das überzeugende Konzept der "Grünen Nordweststadt"
gerichtet, das Paula Henrich in ihrem Buch über die damals gerade fertig
gebaute Nordweststadt (Frankfurt am Main, 1971, S. 16f) wie folgt
beschreibt: "Im Westen der Nordweststadt in
Richtung Autobahn entstand die versprochene Kleingartenanlage. Durch die hier
vorgesehene Errichtung von zusätzlichen Sportplätzen und die beabsichtigte
Erweiterung des Niederurseler Friedhofs breitet sich das Grünflächensystem der
Nordweststadt aus. Der nächste Schritt wäre dann, den alten, zum Teil
vorhandenen Pfad längs des Steinbachs bis ins Niddatal wieder herzurichten und
für Spaziergänger auszubauen. Damit wäre dann der grüne Raum der Nordweststadt
angeschlossen an die Naturlandschaft des Steinbachtälchens, wo hier und da am
Uferrand des Baches noch schöne Gruppen alter Erlen und Weiden anzutreffen
sind. Die Forderung der Planer wäre damit erfüllt: Außerhalb der Stadt sollte
unmittelbar die Natur beginnen. Keine Häuser mit abscheulichen Brandgiebeln,
nur Bauernhäuser, Bäume, Bächlein." Eine zweite Großsiedlung an der A 5 würde der
Nordweststadt ihre Eigenart nehmen und dem planerischen Grundgedanken, diese
Neubausiedlung in Stadtrandlage mit Zugang zur Natur des Vordertaunusgebietes
zu errichten, widersprechen. Antragstellender Ortsbeirat:
Ortsbeirat 8
Vertraulichkeit: Nein dazugehörende Vorlage:
Vortrag des
Magistrats vom 08.09.2017, M 176
Auskunftsersuchen
vom 08.05.2018, V 852
Auskunftsersuchen vom 17.05.2018, V 876
Stellungnahme des
Magistrats vom 06.08.2018, ST 1515
Stellungnahme des
Magistrats vom 03.09.2018, ST 1698
Stellungnahme des
Magistrats vom 27.05.2019, ST 1006
Zuständige Ausschüsse:
Ausschuss für
Planung, Bau und Wohnungsbau Versandpaket: 05.12.2018 Beratungsergebnisse: 27. Sitzung des
Ausschusses für Planung, Bau und Wohnungsbau am 21.01.2019, TO I, TOP
33 Bericht: TO II
Die Stadtverordnetenversammlung wolle
beschließen: 1. Die Ziffern 1. bis 3. der
Vorlage OA 340 werden im vereinfachten Verfahren erledigt. 2. Die Ziffern
4. und 5. der Vorlage OA 340 werden abgelehnt. Abstimmung:
zu 1. Ziffer 1.: CDU, SPD und GRÜNE gegen AfD, FDP
und FRANKFURTER (= Annahme), LINKE. und FRAKTION (= Prüfung und
Berichterstattung) sowie BFF (= Ablehnung) zu 1. Ziffern 2. und 3. sowie
zu 2.: CDU, SPD und GRÜNE gegen AfD, FDP, BFF und FRANKFURTER (= Annahme)
sowie LINKE. und FRAKTION (= Prüfung und Berichterstattung)
Sonstige Voten/Protokollerklärung:
ÖkoLinX-ARL (= Annahme) 30. Sitzung der
Stadtverordnetenversammlung am 31.01.2019, TO II, TOP 47
Beschluss: 1. Die Ziffern 1. bis 3. der Vorlage OA 340 werden
im vereinfachten Verfahren erledigt. 2. Die Ziffern 4. und 5. der Vorlage
OA 340 werden abgelehnt.
Abstimmung:
zu 1. Ziffer 1.: CDU, SPD und
GRÜNE gegen AfD, FDP, FRANKFURTER und ÖkoLinX-ARL (= Annahme), LINKE. und
FRAKTION (= Prüfung und Berichterstattung) sowie BFF (= Ablehnung) zu 1.
Ziffern 2. und 3. sowie zu 2.: CDU, SPD und GRÜNE gegen AfD, FDP, BFF,
FRANKFURTER und ÖkoLinX-ARL (= Annahme) sowie LINKE. und FRAKTION (= Prüfung
und Berichterstattung) Beschlussausfertigung(en): § 3663, 30. Sitzung
der Stadtverordnetenversammlung vom 31.01.2019 Aktenzeichen: 61 0