Freie Stromanbieterwahl in Frankfurt
Vorlagentyp: B
Inhalt
S A C H S T A N D : Bericht des
Magistrats vom 04.03.2016, B 72 Betreff: Freie Stromanbieterwahl in
Frankfurt Vorgang: A 951/15 SPD 1. Haben die Bewohnerinnen und Bewohner der
Helenenhöfe im Europaviertel die Möglichkeit ihren Stromanbieter zu wählen?
Im Stadtgebiet Frankfurt ist die Mainova-Tochter NRM
NetzDienste Rhein-Main GmbH (NRM) - mit Ausnahme der Stadtteile Höchst, Nied,
Sindlingen, Sossenheim, Unterliederbach und Zeilsheim - der verantwortliche
Verteilnetzbetreiber in der Sparte Strom. Über 99 Prozent aller Wohngebäude in
diesem Gebiet sind an das NRM-Netz angeschlossen. Die NRM gewährleistet den
freien und fairen Wettbewerb um Kunden unter den rund 150 aktiven
Stromanbietern in Frankfurt. Allen an das NRM-Netz angeschlossenen Netznutzern
ist der unentgeltliche und zügige Lieferantenwechsel möglich. In den sog. "Helenenhöfen" (Maastrichter Ring 3 - 44
und Pariser Straße 42 - 66) stellt sich die Situation anders dar. Die Energie
Direkt GmbH (EDG) hat im Juni 2012 mit der NRM einen
"Netzanschlussrahmenvertrag für nachgelagerte Netzbetreiber" und einen
"Netznutzungsrahmenvertrag für nachgelagerte Netzbetreiber" abgeschlossen. Das
Energiewirtschaftsgesetz eröffnet die Möglichkeit, dass sich
"nachgelagerte Netzbetreiber" an das Mittelspannungsnetz anschließen
lassen können. Netzbetreiber im Areal der Helenenhöfe wurde mit Herstellung der
elektrischen Versorgung daher die EDG. Als Netzbetreiberin wäre die EDG
verpflichtet, allen Anschlussnutzern (Mietern und Wohnungseigentümern) in ihrem
Netzgebiet den unentgeltlichen und zügigen Lieferantenwechsel zu ermöglichen.
Nach Kenntnis der NRM führt die EDG
die dafür von der Bundesnetzagentur jeweils festgelegten elektronischen
Prozesse nicht durch. Daher ist ein Wechsel des Stromlieferanten für die Mieter
der Liegenschaften de facto nicht möglich. Ohne Teilnahme der EDG an den
bundesweit einheitlich vorgeschriebenen elektronischen Marktprozessen hat zwar
jeder Mieter dort "einen Zähler", der jedoch netztechnisch nur ein privater
Unterzähler der EDG ist. Einen privaten Unterzähler kann kein Lieferant
beliefern. Beliefert werden können nur in der bundesweit einheitlich
vorgesehenen Netzbetreiber-EDV abgebildete, einem Bilanzkreis zugeordnete und
mit einer europaweit einheitlichen Zählpunktbezeichnung fehlerfrei
identifizierbare Zähler eines Netzbetreibers, der elektronisch im dafür
vorgesehenen Dateiformat versandte Lieferantenwechselanfragen bearbeitet.
Solange EDG diese Voraussetzungen nicht schafft, kann
kein Lieferantenwechsel stattfinden. Die betroffenen Stromkunden haben daher
aktuell keine Möglichkeit, den Stromanbieter zu wechseln. 2. Falls ja, seit wann besteht die
Möglichkeit und wie erklärt er, dass dies von Bewohnerinnen und Bewohnern
bestritten wird?
Ein Lieferantenwechsel ist derzeit
nur in den Gebäuden Maastrichter Ring 18 - 26 möglich, die seit Sommer 2015
nicht mehr an das Netz der EDG, sondern an das NRM-Netz angeschlossen sind.
3. Falls nein, was unternimmt der
Magistrat, damit diese Möglichkeit geschaffen wird? EDG bestreitet nach wie vor, Netzbetreiber zu sein.
Das Unternehmen hat der NRM im Sommer 2014 mitgeteilt, in den Helenenhöfen eine
"Kundenanlage" zu betreiben. Was eine sog. Kundenanlage ist, ist im
Energiewirtschaftsgesetz definiert. Es nennt hierfür mehrere Voraussetzungen (§
3 Ziff. 24a EnWG). Diese Voraussetzungen sind hinsichtlich der Helenenhöfe
jedoch nach Auffassung der NRM nicht erfüllt. Um hier rechtssicher zu sein, hat
NRM ihre Auffassung der Bundesnetzagentur mit der Bitte um eine Einschätzung
vorgelegt. Die Behörde teilte die Auffassung der NRM, dass es sich bei den
Helenenhöfen um keine Kundenanlage handeln kann. Indem daher eine Änderung des
rechtlichen Charakters von einem nachgelagerten Netz zu einer Kundenanlage
ausscheidet, handelt es sich nach wie vor um ein nachgelagertes Netz, dessen
Betreiber EDG ist.
Der Magistrat begrüßt die von
Mainova und NRM gegenüber der Energie Direkt GmbH ergriffenen Rechtsmittel
mit dem Ziel, die Einhaltung der Pflichten eines Netzbetreibers zu erreichen.
Daneben ist notfalls gerichtlich durchzusetzen, dass EDG die von der NRM an die
Stadt Frankfurt am Main weiterzuleitenden Konzessionsabgabe-Zahlungen wieder
aufnimmt und in voller Höhe nachbezahlt. Hier hat NRM noch in 2015 den Erlass
eines gerichtlichen Mahnbescheids gegen EDG beantragt, dem hat EDG
widersprochen, das Verfahren wird nun an das zuständige Gericht abgegeben.
4. Kann und wird der Magistrat sicherstellen, dass
auch bei anderen bestehenden und neuen Wohngebieten für die Bewohnerinnen und
Bewohner stets eine freie Stromanbieterwahl ermöglicht wird? Der Magistrat begrüßt den freien und fairen
Wettbewerb im deutschen Energiemarkt. Kunden sollten stets die Möglichkeit
besitzen, den Energieanbieter frei zu wählen. Dies ist in Deutschland
flächendeckend dort gewährleistet, wo ordentliche Verteilnetzbetreiber, die der
Regulierung durch die Bundesnetzagentur unterliegen, den Netzbetrieb lege artis
durchführen. Die Stadt Frankfurt am Main schreibt
Erschließungsträgern vor, dass die Erschließung unter Abstimmung mit den für
die jeweiligen Medien zuständigen Netzbetreibern erfolgen muss. Vorliegend hat
sich ein Dritter, der von der Fa. aurelis einen Teil des Erschließungsgebiets
erworben hat, nicht an die Regelungen des Erschließungsvertrags zwischen Stadt
und aurelis gehalten. Insofern gibt es kein Regelungsdefizit. 5. Kann die Fa. Energie direkt für entstandene
Schaden a) finanzieller Art
bei den Bewohnerinnen und Bewohnern die keinen günstigeren Anbieter wählen
konnten, und b) an der
Umwelt, weil Bewohnerinnen und Bewohner keinen Ökostrom beziehen konnten, in
Regress genommen werden? Zu möglichen Ansprüchen der Mieter bzw.
Wohnungseigentümer kann der Magistrat keine Aussage treffen. Vertraulichkeit: Nein
dazugehörende Vorlage:
Anfrage vom
02.12.2015, A 951
Antrag vom
02.05.2017, OF
315/1
Auskunftsersuchen vom 23.05.2017, V 477
Antrag vom
22.01.2020, OF
1190/1
Auskunftsersuchen vom 11.02.2020, V 1554
Zuständige Ausschüsse:
Ausschuss für
Wirtschaft und Frauen Beratung im Ortsbeirat: 1, 6
Versandpaket: 09.03.2016 Beratungsergebnisse: 1. Sitzung des OBR 1
am 03.05.2016, TO I, TOP 35 Beschluss: Die Vorlage B 72 dient zur Kenntnis.
Abstimmung:
Einstimmige Annahme 1. Sitzung des OBR 6
am 03.05.2016, TO I, TOP 57 Beschluss: Die Vorlage B 72 dient zur Kenntnis.
Abstimmung:
Einstimmige Annahme 1. Sitzung des
Ausschusses für Wirtschaft und Frauen am 07.06.2016, TO I, TOP 24
Beschluss: nicht auf TO
Die Vorlage B 72 dient zur Kenntnis.
(Ermächtigung gemäß § 12 GOS) Abstimmung:
CDU, SPD, GRÜNE, AfD, LINKE., FDP, FRAKTION und
FRANKFURTER Sonstige
Voten/Protokollerklärung: BFF (= Kenntnis)
Beschlussausfertigung(en): § 155, 1. Sitzung des
Ausschusses für Wirtschaft und Frauen vom 07.06.2016 Aktenzeichen: 91 50