Der Ausbreitung von Spielhallen wirksam begegnen - Spielhallensteuerungsprogramm erarbeiten
Vorlagentyp: B
Inhalt
S A C H S T A N D :
Bericht des Magistrats vom 28.11.2011, B
482 Betreff:
Der Ausbreitung von
Spielhallen wirksam begegnen - Spielhallensteuerungsprogramm erarbeiten Vorgang: Beschl. d. Stv.-V. vom 11.11.2010, § 8960 - NR 1952/10 FREIE WÄHLER, NR
1994/10 CDU und GRÜNE - Der Magistrat teilt
die Sorge, dass die Zunahme von Spielhallen im Stadtgebiet zu
Beeinträchtigungen im Umfeld dieser Einrichtungen führen kann. In der Anwendung
bestehenden Rechts und Einrichtung eines ressortübergreifenden, regelmäßigen
Arbeitskreises verfügt der Magistrat bereits über eine hinreichende
Handlungsgrundlage und damit ein Programm zur Steuerung von Spielhallen im
Sinne des Beschlusses der Stadtverordnetenversammlung § 8960 vom 11.11.2010.
Der Magistrat hat das ihm zur Verfügung stehende Instrumentarium geprüft und
zur Anwendung gebracht. So etwa in Form der bereits eingeschränkten
Öffnungszeiten von Spielhallen oder in Form von räumlich steuernden
Festsetzungen in Bebauungsplänen. Es sei allerdings darauf hingewiesen, dass
dem Magistrat hingegen eine Ermächtigungsgrundlage zur aktiven Reduzierung
zulässigerweise betriebener und genehmigter Spielhallen nicht zur Verfügung
steht. Die zur Verfügung stehenden
bundes- und landesrechtlich definierten Grundlagen zur Steuerung von
Spielhallen hält der Magistrat unter Verweis auf die folgenden Ausführungen und
das derzeit in Vorbereitung befindliche Hessische Spielhallengesetz für
ausreichend. zu a) Zunächst bietet das geltende
Baurecht Steuerungsmöglichkeiten zur Beschränkung oder zum Ausschluss von
Spielhallen. Der Bundesgesetzgeber definiert Spielhallen, Wettbüros und Casinos
unter dem Überbegriff der so genannten Vergnügungsstätten als grundsätzlich
zulässige und über das Bauplanungsrecht steuerbare Art der baulichen Nutzung in
der Baunutzungsverordnung (BauNVO), so dass die Gemeinde zu einem flächigen
Ausschluss von Spielhallen nicht ermächtigt ist. Damit verbieten sich
entsprechende stadtweit limitierende Bebauungspläne. Der Zulässigkeitskatalog der
BauNVO in den §§ 2 bis 11 steuert u. a. die Zulässigkeit von Spielhallen
bezogen auf unterschiedliche Baugebietstypen und berücksichtigt dabei auch die
von einer Spielhalle potenziell ausgehende Störung anderer, möglicherweise
schutzbedürftiger Nutzungen. § 1 BauNVO eröffnet der Gemeinde darüber hinaus
die Möglichkeit, über den Festsetzungskanon einzelner Bebauungspläne eine
feinere Steuerung der Zulässigkeit von Spielhallen vorzunehmen, diese somit
punktuell zu beschränken oder gar auszuschließen. Hiervon macht die Stadt Frankfurt
am Main bereits Gebrauch. So erfolgte etwa im Bereich des Bahnhofsviertels eine
Konzentration der Zulässigkeit von Spielhallen auf einen eng umgrenzten
Bereich, um im Gegenzug in anderen Kerngebieten i.S.d. § 7 BauNVO diese Nutzung
auszuschließen. Ähnlich verfolgt die Stadt Frankfurt mit ihren neueren
Bebauungsplanverfahren für die Innenstadt den Ausschluss von Spielhallen in
Bereichen, die überwiegend oder in Teilen dem Wohnen dienen. In diesem Sinne
beabsichtigt der Magistrat auch weiterhin in städtebaulich begründeten
Einzelfällen eine Steuerung von Spielhallen über Bebauungsplanverfahren zu
beantragen. Die bauplanungsrechtliche
Einschränkung der Zulässigkeit von Spielhallen erfordert allerdings jeweils
eine städtebauliche Begründung. Dabei darf durch einen Bebauungsplan
nicht einem "sozialen Unwerturteil" gegen das Glücksspiel Ausdruck verliehen
werden, sondern es müssen etwa die Sicherung der Attraktivität der Innenstädte
oder auch eine Verhinderung von "Trading-Down-Effekten" als legitime
städtebauliche Ziele diese Einschränkungen rechtfertigen. Klarzustellen
bleibt, dass bei Änderung von Bebauungsplänen den bereits vorhandenen,
genehmigten Spielhallen Bestandsschutz zukommt. Mit der letzten Novellierung
der Hessischen Bauordnung (Inkrafttreten 03.12.2010) sind gemäß § 2 Abs. 8 Nr.
9 c nunmehr Spielhallen mit mehr als 150 Quadratmeter Bruttogrundfläche
(anstelle der bisherigen 100 Quadratmeter Nutzfläche) als Sonderbauten zu
behandeln. Diese müssen regelmäßig ein Baugenehmigungsverfahren durchlaufen,
was faktisch einen erweiterten Prüfumfang und damit ein erweitertes
Potenzial an Versagungsgründen eröffnet. zu b) Die Anwendung der
Stellplatzsatzung der Stadt Frankfurt am Main erfordert bei der Neuerrichtung
von Spielhallen den Nachweis eines - gemessen an der Nutzfläche - realistischen
Stellplatzangebotes, was insbesondere in verdichteten innerstädtischen Lagen
durchaus zu Versagungsgründen führen kann. Der Magistrat geht daher zunächst
davon aus, dass die Stellplatzsatzung der Stadt Frankfurt am Main in der
Fassung vom 20.07.1998 ein angemessenes Verhältnis von Nutzfläche und
Stellplatzquote festlegt. Der Magistrat wird den Gedanken einer Überprüfung des
Stellplatzbedarfes von Spielhallen in Überlegungen zur Novellierung der
Stellplatzsatzung mit einbeziehen. zu c) Die Stadt Frankfurt am Main hat
keine städtischen Liegenschaften an Spielhallenbetreiber vermietet und an
keiner städtischen Liegenschaft Werbung für Spielhallen zugelassen. Eine
veränderte Handlungsweise ist nicht vorgesehen. zu d) Darüber hinaus ist vor dem
Hintergrund der jüngsten Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH)
vom 08.09.2010 zum deutschen Glücksspielrecht (C-316/07; C-46/08 u.a.) gerade
die Diskussion insbesondere zur Kohärenz des Spiel-/Glücksspielrechts in
Deutschland erneut entflammt. Der EuGH hat bestätigt, dass die Mitgliedsstaaten
im Glücksspielbereich grundsätzlich frei sind, eigenständig über
Regelungsmodelle (z.B. Monopol oder Konzessionssystem) und deren Ausgestaltung
zu entscheiden. Dabei sei es auch nicht schädlich, wenn ein Bereich (z.B.
Lotterien und Sportwetten) im Monopol beleibe und andere Bereiche (z.B. das
Automatenspiel) abweichend geregelt seien. Allerdings betont der EuGH, dass in
diesen Fällen seitens des Mitgliedsstaates eine kohärente und systematische
Politik in Bezug auf die proklamierte Bekämpfung der Spielsucht verfolgt werden
müssen. Insbesondere müsse der Mitgliedsstaat dann das Ziel der Suchtvorbeugung
und des Spielerschutzes in allen Glücksspielbereichen gleichermaßen verfolgen.
Der EuGH verlangt also vom deutschen Gesetzgeber, dass vergleichbarer
Spielerschutz in allen Glücksspielsegmenten (horizontale Kohärenz)
sichergestellt wird. Das Bundesverwaltungsgericht hat
sich in seinen Entscheidungen vom 24.11.2010 (Az: 8 C 13.09; 8 C 14.09; 8 C
15.09, JURIS) zur Zulässigkeit von Sportwetten inhaltlich dem EuGH
angeschlossen. Eine aktuelle Entscheidung des Hessischen
Verwaltungsgerichtshofs im Nachgang zu den Entscheidungen des EuGH und des
Bundesverwaltungsgerichts als oberstem hessischen Verwaltungsgericht zum
Hessischen Glücksspielgesetz liegt noch nicht vor. Es ist davon auszugehen, dass die
zwischenzeitlich auch in der öffentlichen Wahrnehmung gestiegenen Anliegen und
Ziele der Gesundheitsexperten im Sinne der Suchtprävention in die zu
erwartenden Ergebnisse dieser Beratungen und Diskussionen zu den Vertrags- und
Gesetzesnovellen sowie in künftigen Gerichtsentscheidungen mit einfließen
werden. Der Magistrat der Stadt Frankfurt bringt diese Anliegen nachdrücklich
in die Arbeit der Fachausschüsse der kommunalen Spitzenverbände ein. Sowohl der
Glücksspielstaatsvertrag der Bundesländer wie auch das bundesrechtlich
normierte gewerbliche Spielrecht (konkret Spielverordnung) laufen Ende 2011 aus
und werden derzeit evaluiert. Die Novellierung des Staatsvertrags und des
Hessischen Glücksspielgesetzes ist allerdings noch nicht abgeschlossen. zu e) Als fiskalisches
Mittel der gemeinde zur Beeinflussung des Angebotes an Glücksspielgelegenheiten
ist grundsätzlich die Erhöhung der Vergnügungssteuer in der entsprechenden
Satzung denkbar. Für eine Feinsteuerung im Hinblick auf die innerörtliche
Ansiedlung ausgewählter Spielstätten fehlt es allerdings an der entsprechenden
Rechtsgrundlage. Bei der Erhebung einer Steuer ist
grundsätzlich zu beachten, dass diese nicht gegen die Berufsfreiheit des Art.
12 Abs. 1 Grundgesetz verstößt, indem sie den betroffenen Berufszweig
wirtschaftlich "erdrosselt" und deshalb insoweit die Freiheit der Berufswahl
unzulässig einschränkt. Durch Beschluss der
Stadtverordnetenersammlung vom 25.02.2010 wurde mit der Satzung zur Änderung
der Satzung über die Erhebung einer Steuer auf Spielapparate, auf das Spielen
um Geld oder Sachwerte und auf Vergnügen besonderer Art im Gebiet der Stadt
Frankfurt am Main die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung von
Spielapparaten ab 01.01.2010 vom bis dahin geltenden Stückzahlmaßstab auf die
Besteuerung nach der elektronisch gezählten Bruttokasse ohne einen Höchstbetrag
umgestellt. Der Steuersatz beträgt 1.
für Apparate mit Gewinnmöglichkeit bei
Aufstellung in Spielhallen, in Gaststätten und sonstigen Aufstellorten 12 v. H.
der Bruttokasse, 2.
für Apparate ohne Gewinnmöglichkeit bei
Aufstellung in Spielhallen, in Gaststätten und sonstigen Aufstellorten 6 v. H.
der Bruttokasse. Bereits gegen diese Höhe des
Steuersatzes wird aufgrund der Ausgestaltung der Satzung ohne Höchstbetrag und
Verrechnungsmöglichkeit negativer Bruttokassen seitens der Automatenaufsteller
in Widerspruchsbegründungen zu den Steuerfestsetzungen eine
Erdrosselungswirkung geltend gemacht. Zwar hat der hessische
Verwaltungsgerichtshof zwischenzeitlich in zwei Beschlüssen zu Anträgen auf
vorläufigem Rechtsschutz im Zusammenhang mit einer anderen streitigen Frage der
Erhebung der Spielapparatesteuer in der Nebenbegründung des Beschlusses den
Steuersatz von 12% als nicht erdrosselnd erkannt, die Hauptsacheverfahren sind
aber noch nicht gerichtsanhängig. Der Hessische Städtetag hat in
einem Rundschreiben an die Mitgliedstädte vom November 2010 auch Ausführungen
zur Steuerhöhe gemacht. Im Ergebnis wurde angeraten, die Steuerhöhe zunächst
innerhalb des unstreitig sicheren Bereiches in Höhe von ca. 12 - 13% zu
bemessen. Es wurde angeraten, weitere Erhöhungen nur vorzunehmen, wenn
feststeht, dass eine erdrosselnde Wirkung nicht besteht. Ein höherer Steuersatz
könne nur nach Verprobung anhand der Abrechnungen der Vorjahre empfohlen
werden. zu f) Eine Steuerung von Anzahl und
Standort von Spielhallen ist bisher nur bauplanungsrechtlich möglich. Unter
gewerberechtlicher Betrachtung steht stets die Person des Gewerbetreibenden und
damit gerade nicht der Standort des Betriebes im Fokus der Erlaubnisverfahren.
Dem Magistrat als Erlaubnisbehörde steht bei der Entscheidung über die
Erteilung gewerberechtlicher Spielhallenkonzessionen nach § 33i Gewerbeordnung
kein Ermessen zu. Die Erlaubnis ist somit zu erteilen, sobald die
Genehmigungsvoraussetzungen erfüllt sind. Derzeit befindet sich allerdings ein Entwurf für ein
Hessisches Spielhallengesetz im landesrechtlichen Gesetzgebungsverfahren.
Dieses Gesetz soll die Zulassung und den Betrieb von Spielhallen in Hessen
einheitlich regeln. Es sind danach im Hinblick auf die personen- und
ortsgebundenen Anforderungen an die Erteilung der Spielhallenerlaubnis
Einschränkungen zum Betrieb von Spielhallen vorgesehen, die über die
baurechtlichen Steuerungsmöglichkeiten hinausgehen. Der Magistrat begrüßt die
vorgesehenen Regelungen ausdrücklich. Im Einzelnen ist u. a. vorgesehen, dass
Spielhallen einen Mindestabstand von 500 Metern untereinander einhalten sollen
und die Werbung am Ort der Spielhalle eingeschränkt wird. Vertraulichkeit: Nein
dazugehörende Vorlage:
Antrag vom
16.08.2010, NR 1952
Antrag vom
09.09.2010, NR 1994
Zuständige Ausschüsse:
Ausschuss für
Planung, Bau und Wohnungsbau
Ausschuss für
Recht, Verwaltung und Sicherheit Beratung im Ortsbeirat: 1, 8
Zuständige sonstige Gremien:
KAV
Versandpaket: 30.11.2011 Beratungsergebnisse: 11. Sitzung
der KAV am 16.01.2012, TO II, TOP 37 Beschluss: Die Vorlage B 482
dient zur Kenntnis. 7. Sitzung des OBR 1
am 17.01.2012, TO I, TOP 22 Beschluss: Die Vorlage B 482
dient zur Kenntnis.
Abstimmung: Einstimmige
Annahme 7. Sitzung des OBR 8
am 26.01.2012, TO I, TOP 35 Beschluss: Die Vorlage B 482
dient zur Kenntnis.
Abstimmung: Einstimmige
Annahme 7. Sitzung des
Ausschusses für Planung, Bau und Wohnungsbau am 13.02.2012, TO I, TOP
27 Beschluss: nicht auf TO
Die Vorlage B 482
dient zur Kenntnis. (Ermächtigung gemäß § 12 GOS)
Abstimmung:
CDU, GRÜNE, LINKE., FDP, FREIE WÄHLER und Piraten; SPD (=
Votum im Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit)
7. Sitzung des
Ausschusses für Recht, Verwaltung und Sicherheit am 27.02.2012, TO I, TOP
17 Beschluss: nicht auf TO
Die Vorlage B 482
dient zur Kenntnis. (Ermächtigung gemäß § 12 GOS)
Abstimmung:
CDU, GRÜNE, SPD, LINKE., FDP und FREIE WÄHLER
Sonstige Voten/Protokollerklärung: Piraten (= Kenntnis)
Beschlussausfertigung(en): § 1256, 7. Sitzung
des Ausschusses für Planung, Bau und Wohnungsbau vom 13.02.2012 Aktenzeichen: 32 0