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Wiederherstellung der organisatorischen Einheit von Notfallversorgung und Krankentransport

Vorlagentyp: M

Inhalt

S A C H S T A N D : Vortrag des Magistrats vom 21.05.2010, M 95 Betreff: Wiederherstellung der organisatorischen Einheit von Notfallversorgung und Krankentransport Die Stadt Frankfurt am Main ist nach den Bestimmungen des Hessischen Rettungsdienstgesetzes (HRDG) Rettungsdienstträger und als solcher verpflichtet, den öffentlichen Rettungsdienst als Aufgabe der Gefahrenabwehr und der Gesundheitsvorsorge für den Rettungsdienstbereich Frankfurt am Main sicherzustellen. Weiterhin ist sie als untere Katastrophenschutzbehörde zuständig für den Katastrophenschutz; beide Aufgaben sind organisatorisch dem Amt 37 - Branddirektion - zugeordnet. Dies vorausgeschickt, wird folgender Beschluss gefasst: 1. Die seit 2001 praktizierte organisatorische Trennung der beiden Aufgabensegmente des öffentlichen Rettungsdienstes "Notfallversorgung" und "Krankentransport" hat sich aus fachlichen Gründen nicht bewährt. Sie wird daher zum 01.01.2011 aufgehoben und wieder in die organisatorische Einheit zurückgeführt. 2. Es dient zur Kenntnis, dass die gemäß HRDG formal notwendige Beratung durch den Bereichsbeirat des Rettungsdienstbereiches Frankfurt am Main mit allen Beteiligten im Rettungsdienst sowohl in zahlreichen Gesprächen im Vorfeld als auch im Bereichsbeiratsplenum stattgefunden hat. Mit Ausnahme der beiden derzeit im Krankentransport tätigen privaten Unternehmen hat sich keiner der Beteiligten gegen die organisatorische Einheit ausgesprochen. Insbesondere mit den Kostenträgern sowie den Hilfsorganisationen besteht Einvernehmen über die Reorganisation des Rettungsdienstes hin zur organisatorischen Einheit. 3. Die zusätzlich hinzukommenden Aufgabenanteile werden aus Gründen der Rechts- und Verfahrenssicherheit sowie der Transparenz und Wettbewerbsfreiheit in einem europaweiten Ausschreibungsverfahren nach VOL vergeben. 4. Es dient weiterhin zur Kenntnis, dass die Anteile in der Leistungserbringung in der Notfallversorgung im Einvernehmen mit der geltenden gesetzlichen Regelung unverändert fortgeschrieben werden, nicht zuletzt, um der im Hessischen Rettungsdienstgesetz vorgeschriebenen Privilegierung der ebenso im Katastrophenschutz tätigen Hilfsorganisationen Rechnung zu tragen. 5. Die Stadt Frankfurt am Main selbst behält als Eigenanteil auch künftig nur den Teil der Notfallversorgung, den sie bereits jetzt durch die Berufsfeuerwehr leistet. Er beträgt unverändert gerundet 95.000 Vorhaltestunden pro Jahr. 6. Der Magistrat wird beauftragt, die für die Rückführung in die organisatorische Einheit und die Vergabe der zusätzlichen Vorhaltung notwendigen Maßnahmen einzuleiten und umzusetzen. Begründung: Einleitung: Die Stadt Frankfurt am Main hat als Rettungsdienstträger den sich aus dem HRDG ergebenden Sicherstellungsauftrag für den Rettungsdienst im Rettungsdienstbereich Frankfurt am Main. Dies bedeutet, dass ihr die Verantwortung für einen qualitativ wie wirtschaftlich gut organisierten und funktionierenden öffentlichen Rettungsdienst - in der Notfallversorgung wie im Krankentransport - obliegt. Im Konzept der rettungsdienstlichen Versorgung muss neben dem Regelbedarf - dies ist die Gesamtheit der regelmäßig und bei normalen Einsatzaufkommen zu Verfügung stehenden Einsatzmittel - auch benötigter Spitzenbedarf in die Planungen des Rettungsdienstträgers zur Erfüllung seines Sicherstellungsauftrages Eingang finden. Der öffentliche Rettungsdienst einer Großstadt wie Frankfurt am Main unterscheidet sich grundlegend vom Rettungsdienst im ländlichen Raum oder auch in kleineren Städten. Die Gefahrenlagen, gekennzeichnet durch die großstädtische Wohnbebauung, zahlreiche Hochhäuser, die Verkehrsinfrastruktur mit einem Netz aus Autobahnknotenpunkten, den S- und U-Bahn-Anlagen, wichtigen Bahnstrecken, -knoten und Tunnelanlagen, dem Flughafen sowie Industrieansiedlungen - alles auch für terroristische Bedrohungslagen potenziell geeignete Zielobjekte mit teilweise hohem Symbolcharakter - verlangen nach einer in besonderem Maße flexiblen und effektiven rettungsdienstlichen Gefahrenabwehrstruktur. Für den Bereich der Notfallversorgung plant und bemisst der Rettungsdienstträger die Vorhaltung an öffentlichen Rettungsmitteln für den Rettungsdienstbereich Frankfurt am Main. Grundlage für die Bemessung der Notfallversorgung sind die Bestimmungen des Hessischen Rettungsdienstgesetzes und des ergänzenden Rettungsdienstplans des Landes Hessen, nach dem in der Regel jeder an einer Straße gelegene Notfallort eines Rettungsdienstbereiches in 90 % aller Notfälle innerhalb von 10 Minuten und in 95 % innerhalb von 15 Minuten nach der Aufnahme des Hilfeersuchens mit einem geeigneten Rettungsmittel (Rettungswagen "RTW", Notarzteinsatzfahrzeug "NEF", Rettungshubschrauber "RTH") erreicht werden muss. Es werden derzeit für rund 75.000 Einsätze in der Notfallversorgung im öffentlichen Regelrettungsdienst 28 RTW an 12 Standorten zu insgesamt 186.036 Stunden im Jahr vorgehalten. Hinzu kommen fünf NEF für 12.900 Einsätze mit notärztlicher Beteiligung. Vier der NEF werden täglich rund um die Uhr vorgehalten und eines von Montag bis Freitag in der Zeit von 8:00 - 20:00 Uhr. Dies entspricht jährlich planmäßig 38.168 Vorhaltestunden. Die Steuerung der Einsatzmittel für die Notfalleinsätze erfolgt zentral durch die Zentrale Leitstelle der Branddirektion. Durch die Gesetzeslage, entsprechende Erlasse des Landes und gezielte Vereinbarungen mit benachbarten Rettungsdienstbereichen sind übergreifende Kooperationen sowie gegenseitige Unterstützung im Bedarfsfall geregelt. Beides wird in der Praxis gelebt. Damit ist in der Notfallversorgung für den täglich anfallenden Regelbedarf ein leistungsfähiges Versorgungssystem etabliert. Die Berufsfeuerwehr leistet den Eigenanteil der Stadt Frankfurt am Main an der Leistungserbringung im Rettungsdienst, weiterhin sind mit der Leistungserbringung im Bereich RTW der Arbeiter-Samariter-Bund, das Deutsche Rote Kreuz, die Fraport AG, die Johanniter-Unfall-Hilfe und der Malteser Hilfsdienst beauftragt. Neben der Notfallversorgung steht der Krankentransport als das Aufgabensegment des öffentlichen Rettungsdienstes, das die Beförderung von kranken, verletzten oder hilfsbedürftigen Personen umfasst, die aufgrund ärztlicher Beurteilung in einem geeigneten Rettungsmittel durch medizinisch qualifiziertes Personal fachlich betreut werden müssen. Diese Einsätze sind nicht der Notfallversorgung zuzurechnen, da hier kein akuter oder lebensbedrohlicher Zustand des Patienten vorliegt; sie sind aber dennoch Aufgabe der Gesundheitsfürsorge und der Gefahrenabwehr. Standard ab Bestellung eines Krankentransportes sollte eine maximale Wartezeit bis zur Durchführung des Transportes von 30 Minuten sein. Im Rettungsdienstbereich Frankfurt am Main ist das Aufgabensegment Krankentransport von der zuvor beschriebenen Notfallversorgung abgekoppelt, eben organisatorisch getrennt. Dem Rettungsdienstträger ist vom Gesetzgeber die regelmäßige Überprüfung der wirtschaftlichen und fachlichen Zweckmäßigkeit der Organisationsform des Rettungsdienstes aufgegeben. Ab 1998 eröffnete das HRDG als Ausnahmefall die Möglichkeit, den Krankentransport zu privatisieren und damit die beiden Aufgabensegmente in getrennten Systemen zu organisieren. Dies bildete den damaligen gesellschaftspolitischen Trend ab, öffentliche Aufgaben stärker in private Hände zu übergeben. Die Stadt Frankfurt am Main hat seinerzeit als Konsequenz aus einer zuvor durchgeführten Überprüfung von der im HRDG eröffneten Möglichkeit Gebrauch gemacht und ging 2001 als einzige hessische Gebietskörperschaft in die organisatorische Trennung. Dem Rettungsdienstträger obliegt die Aufgabe, für die Leistungserbringung im Krankentransport fachlich geeignete Leistungserbringer nach gesetzlichen Vorgaben zu genehmigen. Im Falle der organisatorischen Trennung hat der Markt Angebot und Nachfrage im Bereich Krankentransport zu regulieren; das heißt, es gibt keine Vorgaben der Stadt Frankfurt am Main als Rettungsdienstträger zur Vorhaltung und Indienststellung von geeigneten Krankentransportwagen (KTW), sondern jeder Leistungserbringer organisiert, zu welchen Zeiten und in welcher Zahl er Krankentransportkapazitäten vorhält. Ebenso bestimmt er selbst, ob er vertragliche Bindungen mit Krankenkassen oder Krankenhäusern, also Auftraggebern für den Krankentransport, eingeht und verhandelt seine Entgelte selbst mit den Auftraggebern. Die Steuerung der Einsätze erfolgt von dezentralen Leitstellen der einzelnen Unternehmen selbst. Als Leistungserbringer sind derzeit das Deutsche Rote Kreuz (mit der DRK-Fahrdienste und Service gGmbH) und die Johanniter-Unfall-Hilfe sowie die gewerblichen Unternehmen mfs (medizinische fahrdienst- & servicegesellschaft mbH) und Commoditas GmbH tätig. Die beiden als Leistungserbringer im Krankentransport tätigen Hilfsorganisationen haben Anfang 2009 angekündigt, die Leistungserbringung im Krankentransport einzustellen, da sie unter den herrschenden Bedingungen wirtschaftlich nicht mehr sinnvoll in der notwendigen Qualität zu erbringen sei. Derzeit sind beide jedoch noch tätig. Nach Kenntnisstand der Stadt Frankfurt am Main, der sich auf Angaben der Kostenträger und Leistungserbringer bezieht, ist derzeit von einem Transportaufkommen von 35.000 bis 40.000 Einsätzen jährlich auszugehen. Nach nunmehr rund acht Jahren Erfahrung in der organisatorischen Trennung ist festzustellen, dass sich das Modell in grundlegenden Punkten nicht bewährt hat: Die Wartezeiten für Auftraggeber - Kliniken, Arztpraxen, Alten- und Pflegeheime - und Patienten sind bei nicht planbaren Krankentransporten teilweise unangemessen lang. Ab Bestellung des Transportes sind mehrstündige Wartezeiten bis zur Durchführung des Transportes nicht unüblich. Die Unternehmer im Krankentransport organisieren die Auslastung ihrer Fahrzeuge nach dem Speditionsprinzip: Die Fahrzeuge werden so vorgehalten und eingesetzt, dass sie durch planbare Transporte ausgelastet sind und geringe Standzeiten aufweisen. Dies ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht und unter den bestehenden marktwirtschaftlichen Rahmenbedingungen durchaus nachvollziehbar, vernachlässigt aber die sich aus der Gesundheitsfürsorge und der Gefahrenabwehr ergebenden sowie die bestehenden gesetzlichen Rahmenbedingungen. Zudem steht diese Dispositionslogik der berechtigten Anforderung der Patienten entgegen, auch bei nicht vorgeplanten Krankentransporten in angemessener Zeit transportiert zu werden. Es ist davon auszugehen, dass in den lukrativen Spitzenzeiten nahezu alle der 57 genehmigten Fahrzeuge für die vorgeplante und in vielen Fällen auch vertraglich verpflichtete Einsatzabwicklung zur Verfügung stehen und nur sehr eingeschränkt für ad hoc auftretende Krankentransporte - zum Beispiel Verlegungen in Reha-Kliniken oder Heimtransporte - verwendet werden können. In eher auftragsschwachen Zeiten, zum Beispiel nachts, in denen es wenige oder nahezu keine planbaren Transporte gibt, lässt die zunehmende Anfrage nach Transportmitteln bei der Zentralen Leitstelle der Stadt Frankfurt am Main - Branddirektion - vermuten, dass die Zahl der vorgehaltenen Krankentransportwagen während dieser Zeiten drastisch dezimiert wird. Der Effekt, dass unvorhergesehene Krankentransporte nur sehr eingeschränkt durch den Markt abgearbeitet werden, ist insofern nicht auf die Spitzenauslastungszeiten beschränkt, sondern tritt durchgängig auf. Die mehrstündigen Wartezeiten werden von den Auftraggebern oftmals nicht akzeptiert. Sie wenden sich an die Zentralen Leitstelle der Branddirektion. Der Träger des Rettungsdienstes ist bei Kapazitätsengpässen im Bereich des Krankentransports in der Sicherstellungspflicht. Das bedeutet, dass die Einsatzaufträge, die durch die Krankentransportunternehmen nicht bedient werden können, mit Rettungsmitteln der Notfallversorgung abgearbeitet werden müssen. Das beeinträchtigt dann wiederum die Kapazitäten in diesem Segment. Diese Tendenz ist zunehmend zu beobachten. Nach dem Ergebnis stichprobenartiger Auswertungen ist davon auszugehen, dass pro Monat rund 600 Krankentransporte von den hochwertigen Fahrzeugen der Notfallversorgung übernommen werden. Zur Steigerung der Auslastung der KTW werden diese von den Unternehmen zudem auch für sogenannte Krankenfahrten eingesetzt. Für Krankenfahrten besteht weder die Notwendigkeit zur Beförderung in einem Rettungsmittel noch eine fachliche Betreuungsbedürftigkeit der zu befördernden Personen. Es handelt sich vielmehr um Fahrten, die im Zusammenhang mit einer Leistung der Krankenkasse notwendig sind und mit öffentlichen Verkehrsmitteln, Mietwagen oder Taxis durchgeführt werden können. Insofern treten im derzeitigen Organisationsmodell Synergieeffekte "nach unten" auf. Dies ist aus betriebswirtschaftlicher Sicht weder zu verurteilen noch durch die Aufsichtsbehörde zu verhindern, vermindert jedoch die Anzahl der Fahrzeuge, die für den "echten" qualifizierten Krankentransport zur Verfügung stehen und schwächt die Vorhaltung im Gesamtsystem. Zusammenfassend sind angesichts dieser Entwicklung zwei kritische Effekte hervorzuheben: Höherwertige Einsatzmittel als medizinisch und gesetzlich notwendig, arbeiten die anfallenden Krankentransporte ab. Eine Wirtschaftlichkeit im Gesamtsystem kann schon deshalb im vorliegenden Modell nicht gegeben sein. Durch die Verschiebung der Priorität in der Einsatzabwicklung, weg vom Fokus der Gesundheitsfürsorge und Gefahrenabwehr hin zur marktwirtschaftlichen Rentabilität des Einzelunternehmens, ergeben sich nicht hinnehmbare Qualitätseinbußen und lange Wartezeiten für alle am System beteiligten Menschen. Weitere entscheidende Qualitätsaspekte, die gegen das Modell der organisatorischen Trennung sprechen, sind übergreifende Kommunikation und Steuerung der Einsatzfahrzeuge. Die Vielzahl der Dispositionszentralen im derzeitigen Modell der organisatorischen Trennung erschwert Synergieeffekte, die sich durch die Steuerung durch eine gemeinsame Leitstelle ergeben würden. Ziel ist es zudem, auf diese Fahrzeuge im Großschadensfall und im Katastrophenfall als Rückfallebene zuzugreifen: Organisatorische Einheit ist die integrierte Aufgabendurchführung von Notfallversorgung und Krankentransport in gemeinsamer Planung, Steuerung und Erfüllung. Eine gemeinsame Planung bedeutet, dass die erforderliche Infrastruktur, das sind Zentrale Leitstelle, Rettungswachen, Technik und Verwaltung sowie die Einsatzkapazitäten - Rettungsfachpersonal und Rettungsmittel - in Verbindung mit den entsprechenden Dispositions- und Einsatzstrategien sowie Fahrzeugsystemen bedarfsgerecht bemessen und in ökonomischer Weise genutzt werden. Eine gemeinsame Aufgabenerfüllung bedeutet, dass durch ständigen und aktuellen Überblick über Standort und Einsatzstatus aller für die Notfallversorgung und den Krankentransport zur Verfügung stehenden Fahrzeuge eine übergeordnete Einsatzlenkung ermöglicht wird. Auch besteht bei der organisatorischen Einheit eine gemeinsame Kommunikationsebene, sodass eine unmittelbare Kommunikation mit allen zugeordneten Fahrzeugen der Notfallversorgung und des Krankentransports möglich ist. Diese Steuerungsinstrumente sind bei der Abwicklung von größeren Schadensereignissen und im Katastrophenfall unerlässlich. In der derzeitigen Organisationsform der organisatorischen Trennung stehen diese Instrumente nicht zur Verfügung, da es weder eine gemeinsame Planung noch eine gemeinsame Infrastruktur gibt. Die Fahrzeuge des Krankentransports können nur sehr eingeschränkt in derartige Einsatzlagen integriert werden und stehen somit nur bedingt als Rückfallebene zur Verfügung. Mit der Aufhebung der organisatorischen Trennung von Notfallversorgung und Krankentransport und mit der zentralen Steuerung des Einsatzgeschehens durch eine integrierte Dispositionszentrale, die Zentrale Leitstelle der Branddirektion, wird die Qualität im Rettungsdienst im Stadtgebiet insgesamt deutlich gesteigert. Die über die Jahre hinweg zu beobachtende stetige Zunahme von Einsätzen des Rettungsdienstes und die teils unklare Abgrenzung von Einsätzen der Notfallversorgung zu denen des Krankentransports bei den Anfordernden sprechen auch für die Bündelung der Einsatzsteuerung bei einer umfassend ausgebildeten, kompetenten Leitstelle, die das komplette Spektrum der zur Verfügung stehenden Einsatzmittel bedarfsgerecht steuern kann. Daher erscheint es angezeigt, auch den Krankentransport wieder zentral zu planen, zu bemessen und zu steuern und insofern zum Regelfall des HRDG, der organisatorischen Einheit, zurückzukehren. Auf Grundlage des HRDG wird dies mit dem Bereichsplan ab dem 01.01.2011 vollzogen und die Anteile mittels Beauftragungsvereinbarungen an die Leistungserbringer übertragen. Die Beauftragungen sind juristisch als Dienstleistungskonzession zu klassifizieren. Die Erlasslage zum HRDG schreibt vor, neu hinzukommende Bedarfe im öffentlichen Rettungsdienst in einem Auswahlverfahren zu vergeben. Nach europäischer Rechtsprechung besteht zwar noch keine generelle Ausschreibungspflicht für Rettungsdienstleistungen in den sogenannten Konzessionsländern, zu denen Hessen zählt, sieht aber bei Dienstleistungskonzessionen zwingende Bindungswirkung an die Grundfreiheiten des europäischen Vergaberechts wie Transparenz, Wettbewerbsfreiheit oder dem Anti-Diskriminierungsgrundsatz. Die Frage, ob nicht doch auch in Bundesländern mit Konzessionsmodell das EU-Vergaberecht für die Vergabe von Rettungsdienstleistungen einschlägig ist und somit zwingend VOL-Verfahren durchzuführen sind, wird in der juristischen Literatur aktuell intensiv diskutiert und von einigen höherinstanzlichen Gerichten - unlängst durch das OLG München - durchaus bejaht. Es ist damit zu rechnen, dass die in der Organisationshoheit liegende Entscheidung des Rettungsdienstträgers einer gerichtlichen Prüfung zugeführt werden wird, da natürlich Interessen der Leistungserbringer, insbesondere Rechte aus Artikel 12 GG, Freiheit der Berufsausübung, berührt werden. Die Änderung der Organisationsform stellt jedoch keinen unzulässigen Eingriff in die Freiheit der Berufsausübung dar. Die Möglichkeit zur Tätigkeit im Krankentransport ist durch das Auswahlverfahren weiterhin für jeden Anbieter gegeben und nur an dessen fachliche Eignung geknüpft, die auch Voraussetzung für die Erteilung einer Genehmigung im heutigen System ist. Der durch dieses Auswahlverfahren eröffnete Wettbewerb entspricht den Grundgedanken zur Waren-, Verkehrs- und Dienstleistungsfreiheit der Europäischen Gemeinschaft und der marktwirtschaftlichen Ausrichtung der Bundesrepublik Deutschland. Nach Abwägung aller Gesichtspunkte erscheint, um die für den Träger des Rettungsdienstes neu hinzukommenden Anteile in der Leistungserbringung im öffentlichen Rettungsdienst an die geeigneten Anbieter zu übertragen, ein europaweites Vergabeverfahren nach VOL insgesamt als rechtlich sicherster Weg, um sowohl sämtliche verfassungs- und verwaltungsrechtlichen Grundsätze, die Anforderungen des HRDG als auch die des Vergaberechts zu gewährleisten. Unverändert bleibt die Notfallversorgung in ihrem Kernbereich. Die bisherigen Leistungserbringer, das sind die Hilfsorganisationen und die Branddirektion, werden unter Beibehaltung der bewährten und gefestigten Gefahrenabwehrstrukturen weiterhin hier tätig. Dies entspricht nicht nur dem tatsächlichen Bedarf, sondern bildet darüber hinaus auch die im HRDG festgeschriebene Privilegierung der Hilfsorganisationen ab. Es ist damit nicht nur sichergestellt, dass der sensible Kernbereich weiterhin gut funktioniert, sondern auch, dass - unabhängig vom Ausgang des Vergabeverfahrens für die Anbieter in den neuen Segmenten - die Hilfsorganisationen weiterhin auch im Rettungsdienst in die Gefahrenabwehr eingebunden sind. Eine Tätigkeit in diesem Bereich, die durch haupt- sowie ehrenamtliches Personal geleistet wird und durch das Budget-System auch sicher und verlässlich finanziert wird, erleichtert hier den Leistungserbringern die qualifizierte Aufgabenwahrnehmung im Katastrophenschutz. Mittelbar wird dadurch das Ehrenamt gestärkt und gefördert. Die gesetzliche Grundlage erlaubt es den Trägern des Rettungsdienstes, sich Dritter zu bedienen, sofern sie diese Aufgabe nicht vollumfänglich selbst übernehmen. Die Berufsfeuerwehr ist als einziger hoheitlicher Leistungserbringer selbst ausschließlich im Kernbereich der Notfallversorgung tätig. Sie hält seit Jahren unverändert dafür 89 Planstellen vor, mit denen sie zurzeit insgesamt gerundet 95.000 Vorhaltestunden leisten kann. Eine Ausdehnung dieses Anteils im gleichen Verhältnis, wie neuer Bedarf an Vorhaltung für das Stadtgebiet entsteht, wird nicht angestrebt. Die Beteiligung im derzeitigen Umfang stellt aus Sicht der Gefahrenabwehr für die Stadt Frankfurt am Main jedoch das Minimum dar, da die Sicherstellung des Rettungsdienstes in Frankfurt am Main nicht nur den planbaren Regelbedarf umfasst, sondern auch Spitzenbedarf. Im Spitzenbedarf werden zusätzliche, definierte Einsatzmittel besetzt, die im Zeitraum eines erhöhten Einsatzaufkommens Unterstützung leisten. Einzig die Branddirektion hat durch ihren Personalbestand und dessen ständige Verfügbarkeit durch den Schichtbetrieb die Möglichkeit, auch im Einzelfall zusätzliche Fahrzeuge innerhalb der vorgegebenen Hilfsfrist einzusetzen. Um hier die erforderliche Qualifikation des Personals sicherzustellen und zu erhalten, ist es notwendig und wegen der Refinanzierung durch die Kostenträger auch wirtschaftlich sinnvoll, den beschriebenen Anteil an der Notfallversorgung in eigener Verantwortung zu halten. Diese Verfahrensweise ermöglicht es der Branddirektion, für die Spitzenabdeckung dezentral derzeit bis zu vier zusätzliche Rettungswagen vorzuhalten, die in Springerfunktion von zwei rettungsdienstlich ausgebildeten Feuerwehrleuten der jeweiligen Standorte besetzt werden. Diese Rettungsmittel sind innerhalb kürzester Zeit einsatzbereit und leisten eine erste wichtige und unverzichtbare rettungsdienstliche Rückfallebene zur Bewältigung der Einsatzspitzen. Darüber hinaus werden aber auch Feuerwehrfahrzeuge für zeitkritische Notfalleinsätze eingesetzt; diese bezeichnet man als sogenannte "First-Respond-Einsätze". Steht für einen (zeitkritischen) Notfalleinsatz kein geeignetes Rettungsmittel in der Zeitvorgabe zur Verfügung, so wird zur Minimierung des beim Patienten entstehenden therapiefreien Intervalls ein Hilfeleistungslöschfahrzeug (HLF) als First-Respond-Einheit zur Einsatzstelle entsandt. Im Stadtgebiet stehen 13 HLF für diese qualifizierte "Erste Hilfe" zur Verfügung. Diese Fahrzeuge sind nicht nur mit adäquater Ausstattung an Medizingeräten, sondern aufgrund der Beteiligung der Feuerwehr an der Notfallrettung auch mit ausgebildetem, geübtem und routiniertem Personal besetzt. Mit den vorstehend beschriebenen zusätzlichen Fahrzeugen kann aber der aus außerordentlich auftretenden Einsatzlagen resultierende zusätzliche Bedarf nicht abgedeckt werden. Hierzu zählen insbesondere witterungsbedingte Ereignisse oder veranstaltungsbezogene Einsätze, zum Beispiel durch Kundgebungen und Demonstrationen, die immer wieder vorkommende Häufung von "normalen" Einsätzen, z. B. bei längeren Hitzeperioden, oder eine größere Schadenslage, die die regulären Einsatzmittel in größerer Zahl und über einen längeren Zeitraum bindet. Denkbar ist auch, dass bei Demonstrationen mit mehreren Demonstrationszügen und Kundgebungsorten ganze Stadtviertel nur über Umwege erreicht werden können, was zur Sicherung der Hilfsfrist nur mit einer - zeitlich befristeten - erhöhten Vorhaltung aufgefangen werden kann. Ist absehbar, dass eine außerordentliche Einsatzlage für einen längeren Zeitraum bestehen wird, stehen auf Seiten der Hilfsorganisationen zusätzliche Ergänzungsrettungsmittel zur Verfügung, sogenannte E-RTW. Diese können innerhalb von 30 Minuten einsatzbereit zur Verfügung stehen. In der organisatorischen Einheit stünden als qualifizierte und schnell verfügbare Rückfallebene dann auch die Fahrzeuge des Krankentransportes zur Verfügung, die - zentral über die Zentrale Leitstelle der Branddirektion gesteuert - in der gebotenen Kürze bei größeren Schadenslagen eingesetzt werden könnten. In der Zusammenfassung bleibt festzuhalten, dass mit der Rückführung des Krankentransportes in die organisatorische Einheit nicht nur eine adäquate Antwort auf die Mängel im derzeitigen Modell der organisatorischen Trennung gefunden, sondern auch ein rettungsdienstliches Gesamtkonzept geschaffen wäre, das sowohl im Regelrettungsdienst als auch in rettungsdienstlichen Sonderlagen die unterschiedlichen Anforderungen effektiv und flexibel zu bewältigen in der Lage ist. A: Zielsetzung 1. Erfüllung des gesetzlichen Auftrages für beide Segmente des öffentlichen Rettungsdienstes: Sicherstellung einer hochwertigen rettungsdienstlichen Versorgung der Bevölkerung sowohl in der Notfallversorgung als auch im Krankentransport. 2. Bedarfsgerechte Bereitstellung von Fahrzeugkapazitäten. 3. Schnelle und professionelle Abarbeitung des Spitzenbedarfs sowie größerer Schadensereignisse unterhalb der Katastrophenschwelle ohne signifikante Ausdünnung der Regelvorhaltung im Stadtgebiet. 4. Gezielte Aus- und Fortbildung sowie Training der Einsatzkräfte der Feuerwehr durch Sicherstellung eines adäquaten Praxisanteils am öffentlichen Rettungsdienst. 5. Erhaltung und Verbesserung der Grundversorgung im Bereich des medizinischen Katastrophenschutzes. 6. Enge Verzahnung zwischen Brandschutz, Allgemeiner Hilfe, Katastrophenschutz und Rettungsdienst. B: Alternativen Unter den genannten Zielsetzungen sowie unter gefahrenabwehrpolitischen und monetären Gründen: Keine Eine Beibehaltung der organisatorischen Trennung würde auch weiterhin zu wirtschaftlich ungünstigen Tageszeiten eine verstärkte Inanspruchnahme der Einsatzmittel aus der Notfallvorsorge bedeuten, was unweigerlich zu einer Vorhalteerhöhung in diesem Segment führen müsste. Ein Ausstieg der Hilfsorganisationen aus der Leistungserbringung im Krankentransport - wie dies Anfang 2009 angekündigt wurde - und die Tatsache, dass derzeit keine Aussicht auf eine adäquate Kompensation besteht, würde entweder zu einer Monopolisierung und damit zu einer extrem zunehmenden Abhängigkeit der Stadt, die die Sicherstellungspflicht hat, oder zu einer erzwungenen, zumindest teilweisen Rekommunalisierung des Krankentransports führen. C: Lösung Herstellung der organisatorischen Einheit und Nutzung der damit einhergehenden Synergieeffekte, um ein leistungsfähiges rettungsdienstliches System im öffentlichen Rettungsdienst für anfallenden Regel- und Spitzenbedarf zu etablieren. Nutzung der zusätzlich in Planung und Bemessung hinzukommenden Fahrzeug- und Personalkapazitäten als Rückfallebene für größere Schadenslagen und für den Katastrophenfall. D: Finanzierung Durch die Umsetzung des Konzeptes entstehen für die städtischen Haushalte keine zusätzlichen Belastungen. Sollte sich aufgrund steigender Dispositionszahlen herausstellen, dass die Tagesstärke - das ist die Anzahl der pro Schicht in der Zentralen Leitstelle eingesetzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter - erhöht werden muss, würde dies nach Vorliegen valider Daten durch entsprechende personalwirtschaftliche Maßnahmen beordnet werden. Auch bei einer Aufstockung des Personalbestandes entstünden in diesem Fall keine zusätzlichen Kosten für die Stadt Frankfurt am Main, da dieser Anteil der Leitstellenkosten durch die Rettungsdienstgebühr in vollem Umfang refinanziert würde. Vertraulichkeit: Nein Nebenvorlage: Antrag vom 18.08.2010, NR 1957 Antrag vom 30.08.2010, NR 1973 dazugehörende Vorlage: Anfrage vom 26.08.2010, A 1279 Zuständige Ausschüsse: Haupt- und Finanzausschuss Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit Versandpaket: 26.05.2010 Beratungsergebnisse: 42. Sitzung des Ausschusses für Recht, Verwaltung und Sicherheit am 28.06.2010, TO I, TOP 12 Stadtrat Stein kündigt für die Sitzung des Ausschusses am 30.08.2010 einen mündlichen Sachstandsbericht zum Thema "Wiederherstellung der organisatorischen Einheit von Notfallversorgung und Krankentransport" an. Bericht: TO II Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen: Die Beratung der Vorlage M 95 wird bis zur nächsten turnusmäßigen Sitzung zurückgestellt. Abstimmung: CDU, SPD, GRÜNE, LINKE., FDP, FAG und FREIE WÄHLER 45. Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 29.06.2010, TO II, TOP 15 Bericht: TO II Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen: Die Beratung der Vorlage M 95 wird bis zur nächsten turnusmäßigen Sitzung zurückgestellt. Abstimmung: CDU, SPD, GRÜNE, LINKE., FDP, FAG und FREIE WÄHLER 45. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 01.07.2010, TO II, TOP 43 Beschluss: Die Beratung der Vorlage M 95 wird bis zur nächsten turnusmäßigen Sitzung zurückgestellt. Abstimmung: CDU, SPD, GRÜNE, LINKE., FDP, FAG und FREIE WÄHLER 43. Sitzung des Ausschusses für Recht, Verwaltung und Sicherheit am 30.08.2010, TO I, TOP 10 Bericht: TO II Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen: 1. Es dient zur Kenntnis, dass der Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit die Beratung der Vorlage M 95 auf den Haupt- und Finanzausschuss delegiert hat. 2. Es dient zur Kenntnis, dass der Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit die Beratung der Vorlage NR 1957 auf den Haupt- und Finanzausschuss delegiert hat. 3. Es dient zur Kenntnis, dass der Ausschuss für Recht, Verwaltung und Sicherheit die Beratung der Vorlage NR 1973 auf den Haupt- und Finanzausschuss delegiert hat. Abstimmung: zu 1. CDU, SPD, GRÜNE, LINKE., FDP, FAG und FREIE WÄHLER zu 2. CDU, SPD, GRÜNE, LINKE., FDP, FAG und FREIE WÄHLER zu 3. CDU, SPD, GRÜNE, LINKE., FDP, FAG und FREIE WÄHLER 46. Sitzung des Haupt- und Finanzausschusses am 31.08.2010, TO I, TOP 39 Bericht: TO II Die Stadtverordnetenversammlung wolle beschließen: 1. Der Vorlage M 95 wird in der vorgelegten Fassung zugestimmt. 2. Die Vorlage NR 1957 wird abgelehnt. 3. Die Vorlage NR 1973 wird abgelehnt. Abstimmung: zu 1. CDU, SPD, GRÜNE, FDP und FREIE WÄHLER gegen LINKE. (= Annahme im Rahmen NR 1957) und FAG (= Annahme mit der Maßgabe, dass der Termin auf den 01.01.2012 verlegt wird) zu 2. CDU, GRÜNE, FDP und FREIE WÄHLER gegen SPD, LINKE. und FAG (= Annahme) zu 3. CDU, GRÜNE, FDP und FREIE WÄHLER gegen LINKE. und FAG (= Annahme); SPD (= Erledigung) Sonstige Voten/Protokollerklärung zu 1: REP (M 95, NR 1957 und NR 1973 = Annahme) NPD (M 95 = Annahme im Rahmen NR 1957, NR 1957 = Annahme, NR 1973 = Ablehnung) ÖkoLinX-ARL (NR 1973 = Annahme) Stv. Holtz (M 95 = Annahme) 46. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung am 02.09.2010, TO II, TOP 24 Beschluss: 1. Der Vorlage M 95 wird in der vorgelegten Fassung zugestimmt. 2. Die Vorlage NR 1957 wird abgelehnt. 3. Die Vorlage NR 1973 wird abgelehnt. Abstimmung: zu 1. CDU, SPD, GRÜNE, FDP, FREIE WÄHLER, REP, ÖkoLinX-ARL und Stv. Holtz gegen LINKE. und NPD (= Annahme im Rahmen NR 1957) sowie FAG (= Annahme mit der Maßgabe, dass der Termin auf den 01.01.2012 verlegt wird) zu 2. CDU, GRÜNE, FDP und FREIE WÄHLER gegen SPD, LINKE., FAG, REP, NPD und ÖkoLinX-ARL (= Annahme) zu 3. CDU, GRÜNE, FDP, FREIE WÄHLER und NPD gegen LINKE., FAG, REP und ÖkoLinX-ARL (= Annahme); SPD (= Erledigung) Beschlussausfertigung(en): § 8377, 45. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 01.07.2010 § 8608, 46. Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom 02.09.2010 Aktenzeichen: 53 5