Urban Pop, Hip-Hop und Rapfestival mit 70.000 Feiernden - der Rebstockpark als Teil des Grüngürtels als kostengünstige Location für internationale Veranstalter?
Vorlagentyp: V
Inhalt
S A C H S T A N D :
Auskunftsersuchen vom 20.08.2019, V 1378
entstanden aus Vorlage:
OF 996/1 vom
27.07.2019 Betreff: Urban Pop, Hip-Hop und Rapfestival mit
70.000 Feiernden - der Rebstockpark als Teil des Grüngürtels als kostengünstige
Location für internationale Veranstalter? Von Freitag dem 5. bis Samstag dem 6.
Juli fand im alten Rebstockpark das Wireless-Festival statt. Auch wenn der
Rebstockpark im Ortsbezirk 2 liegt, haben sich die Begleiterscheinungen,
insbesondere der Schall, nicht an die Ortsbezirksgrenzen gehalten. Da der
Rebstockpark der Bevölkerung der angrenzenden Stadtteile, z. B. Gallus und
Europaviertel, in diesen Tagen sowie den Tagen, an denen auf- und abgebaut
wurde und an denen Schäden beseitigt werden müssen, nicht - oder nur
eingeschränkt - zur Verfügung stand, ist hier auch der Ortsbeirat 1
gefordert. Auch wenn der Veranstalter sich
vertraglich verpflichten musste, das Rebstockgelände wieder herzurichten, gehen
viele Anwohnende von bleibenden Schäden aus. Dass ein Festival mitten in der
zweiten Brutzeit einiger Vogelarten genehmigt wurde, wo ansonsten in dieser
Jahreszeit bei großzügigem Heckenschnitt Bußgelder mit Hinweis auf Brutzeiten
verhängt werden, erfordert Klärungsbedarf. Auch wenn der mit PET-Flaschen und
weiterem Müll reichlich gefüllte Rebstockweiher gesäubert wird, kann von
Schäden ausgegangen werden, die nur langsam heilen. Zerstörte Gleise der
Feldbahn, abgeknickte Laternenmaste, dazu in weiter Umgebung mit Urin, Fäkalien
und Glasresten dekorierte Innenhöfe, Vorgärten und damit dekorierter
öffentlicher Raum zählen auch zu den eher unschönen Begleiterscheinungen des
Festivals. Hinterlassen wurde eine vollständig
zerstörte Rasenfläche, die durch die Nutzung von schwerem Gerät massiv
verdichtet ist, was vermutlich über Jahre dazu führt, dass Regenwasser nicht
mehr angemessen versickert und gespeichert wird (siehe Problem Europagarten).
Wie der Veranstalter mitten in der heißen Jahreszeit einen angemessenen Rasen
herstellen soll, wird das Geheimnis der genehmigenden Behörden bleiben. Nachdem Anwohnende 2018 zufällig Kenntnis über das
Festival erhalten hatten und sich mit ihren Anfragen und Bedenken an die Stadt
wandten, wurden diese abgewiegelt. Auffällig ist, dass die Anwohnenden nie
"offiziell" vorab informiert wurden, und auch im unmittelbaren Umfeld des
Geländes keinerlei Plakatierungen zu sehen war. Es wird berichtet, dass auch Teile des Frankfurter
Magistrats daran interessiert sind, das jährlich stattfindende Festival ganz
nach Frankfurt zu ziehen. Vom NABU liegt eine schriftliche Aussage vor, dass
die Untere Naturschutzbehörde erklärt hat, dass die Umweltdezernentin, Frau
Heilig, das Festival in dieser Form genehmigt hat, und dass geplant ist, es
jährlich zu wiederholen. Es wird weiterhin berichtet, dass das Festival auf
der politischen Ebene von Oberbürgermeister Feldmann, Planungsdezernent Josef,
Umweltderzernentin Heilig und Ordnungs-, Wirtschafts- und Sportdezernent Frank
unterstützt wurde und dass der Veranstalter Live Nation das Festival dauerhaft
in Frankfurt implementieren möchte. Bei dem Veranstalter
(https://investors.livenationentertainment.com) handelt es sich um einen
börsennotierten US-Profiveranstalter mit einem Jahresumsatz von sieben bis acht
Milliarden US-Dollar, der in Frankfurt von Andre und Marek Lieberberg vertreten
wird. Nachdem das Festival in der Commerzbank-Arena 2017 aufgrund der hohen
Kosten für die Location mit negativen Deckungsbeiträgen abgeschlossen hatte,
wurde nach einem kostengünstigen Veranstaltungsort gesucht und im Grüngürtel
von Frankfurt gefunden: Dem alten Rebstockpark. In der Presse wird das Sachgebiet Service-Center
Veranstaltungen des Ordnungsamtes damit zitiert, dass keine Hinweise auf
Überschreitungen der vorgegebenen Lärmimmissionswerte bekannt wurden. Der
Veranstalter hatte eine Sonderfallbeurteilung nach der Freizeitrichtlinie
beantragt, und es wurde ein entsprechender Wert von 70 dB(A) an der nächst
gelegenen Wohnbebauung genehmigt. Kontrolliert wurde dies im Wohnumfeld des
Rebstockparks. Nicht berücksichtigt wurden hier offensichtlich physikalische
Gesetzmäßigkeiten von Schallwellen sowie die Tatsache, dass im Gebiet fast
ganzjährig Luft- und Windströmungen aus westlicher Richtung vorherrschen.
So wundert es nicht, dass Anwohnende berichten, dass
der Lärm im nahen Wohngebiet Rebstockpark weitaus geringer war als in
entfernteren Wohngebieten, was wohl mit der Ausrichtung der Bühnen/Lautsprecher
zu tun hatte. Charakteristisch für die dargebotene Musik sind Bässe, die nicht
nur über das Gehör, sondern vor allem über den Körper wahrgenommen werden. Bei
hochsommerlichen Temperaturen war für viele Menschen im Gallus und
Europaviertel ein Aufenthalt im Freien unerträglich, und selbst bei
geschlossenen Fenstern waren die Bässe in Wohnungen hinter dem Skyline-Plaza,
im Bereich Speyerer Straße und am Westbahnhof noch spür- und hörbar.
Problematisch an der Dauerbeschallung mit Rap u. Ä. sind die Bässe, also
Tönen im Niederfrequenzbereich, die über den Körper aufgenommen werden und zu
körperlichen Reaktionen führen können (Herzrasen, Unwohlsein u. Ä.).
Fazit der Bevölkerung von Gallus und
Europaviertel: Die dafür in Frankfurt vorgesehenen
Locations (wie z. B. die am Stadtrand gelegene Commerzbank-Arena) waren zu
teuer, und da die Lieberbergs gut Freund mit dem Oberbürgermeister und den
Größen der Frankfurter Stadtregierung sind, hat sich die Stadt um etwas
Preiswerteres bemüht, damit der Veranstalter eine ordentliche Rendite
hinbekommt - auf Kosten des Parks und der Bevölkerung. Diesem verheerenden Eindruck davon, für wen sich die
politischen Verantwortlichen der Stadt engagieren, muss dringend durch
Aufklärung und Übernahme von Verantwortung entgegengewirkt werden. Vor diesem Hintergrund wird der Magistrat
aufgefordert, nachfolgende Fragen zu beantworten: 1. Ist der Rebstockpark keine öffentliche Grünfläche?
Wieso kann diese unter solchen Umständen einem privaten, kommerziellen
Veranstalter für eine nicht öffentliche Veranstaltung zur Verfügung gestellt
werden? 2. Warum
wurden Anwohnende im Gallus, Europaviertel, Rebstockviertel und Kuhwald im
Vorfeld des Festivals nicht informiert? Ist es richtig, dass die Bürgerinnen
und Bürger im Ortsbezirk 2 erst zu einem Zeitpunkt informiert wurden, als der
Vorverkauf bereits begonnen hatte und kein Einfluss auf politische
Entscheidungen mehr möglich war? 3. Ist es richtig, dass Stadt und Veranstalter
Gespräche darüber führen, das Festival jährlich in Frankfurt stattfinden zu
lassen? 4. Ist es
weiterhin richtig, dass die Organisation des Festivals in Frankfurt vom
Veranstalter maßgeblich davon abhängig gemacht wird, dass ein kostengünstiger
Veranstaltungsort zur Verfügung steht? 5. Zu welchen Konditionen hat die Stadt dem
Veranstalter den Rebstockpark zur Verfügung gestellt? 6. Welche Auflagen wurden dem
Veranstalter im Rahmen der Genehmigung der Veranstaltung gemacht?
7. Mit welcher Begründung hat das
Umweltamt in der Brutzeit die Nutzung des Rebstockparks für eine Veranstaltung
mit 70.000 Menschen und einer enormen Lärmimmission genehmigt?
8. Wie beurteilt das Umweltamt die
Folgen für den Park, die Vegetation und die Tiere
(besonders Vögel)? 9. Welche Schäden wurden gemeldet (Parkmobiliar,
Schäden im Umfeld, Gleise der Feldbahn u. Ä.) und werden die Kosten für
ihre Beseitigung zu 100 Prozent vom Veranstalter übernommen?
10. Gab es Beschwerden von
Anwohnenden bezüglich Lautstärke und Dauerbeschallung? 11. Wenn ja, wie viele Beschwerden
gab es und aus welchen Straßen kamen diese Beschwerden? 12. Grölende, betrunkene,
randalierende Festivalbesucher sind z. T. bis in die frühen Morgenstunden
lautstark unter anderem durch Gallus und Europaviertel gezogen - ist die
Polizei hier tätig geworden? 13. Wenn ja, was wurde unternommen? 14. Wurden der Stadt Vermüllungen und
Vandalismusschäden in den angrenzenden Wohnquartieren (Gallus, Europaviertel,
Kuhwald, Rebstock) angezeigt? 15. Wenn ja, wird der Veranstalter auch für Schäden
an privaten Anlagen (z. B. Vorgärten) aufkommen? 16. Welche Lehren zieht die Stadt aus
der Erfahrung mit dem Wireless-Festival? 17. Ziehen die Verantwortlichen der Stadt Frankfurt
ernsthaft in Erwägung, den alten Rebstockpark zukünftig für dieses oder
ähnliche Festivals zur Verfügung zu stellen? Begründung: Für kommerzielle Festivals gibt es in Frankfurt eine
ganze Reihe geeigneter Veranstaltungsorte, sodass völlig unverständlich ist,
wieso man dieses Festival im Rebstockgelände genehmigt hat. Der Rebstockpark ist ein wichtiger Naherholungspark
für viele Familien aus den umliegenden Wohnquartieren. Gerade in den Ferien
wurde bei schönstem Sommerwetter vielen Menschen der Stadt die Möglichkeit
kostenloser Freizeitgestaltung genommen, um hier ein kommerzielles Angebot
machen zu können.
Es geht nicht grundsätzlich um ein
Verbot von Veranstaltungen mit Musik, und auch der Ortsbeirat begrüßt es, wenn
prominent besetzte Veranstaltungen, die viele junge Menschen ansprechen, in
Frankfurt stattfinden. Problematisch ist, wenn sie an ungeeigneten Orten
genehmigt werden.
Im Gegensatz zu anderen
Musikveranstaltungen im Rebstockpark, wie z. B. dem Afrikanischen und
Karibischen Kulturfest, wirkt der bei Festivals mit Urban Pop, Hip-Hop und Rap
erzeugte Schall stark im Niederfrequenzbereich. Interessant ist, dass
z. B. in Horrorfilmen ganz gezielt niedrige Frequenzen eingesetzt werden,
um (An-) Spannung zu erzeugen (http://de.wikipedia.org/wiki/Infraschall).
Antragstellender Ortsbeirat:
Ortsbeirat 1
Vertraulichkeit: Nein dazugehörende Vorlage:
Antrag vom
19.01.2020, OF
1241/1
Anregung vom 10.03.2020, OA 546
Stellungnahme des
Magistrats vom 14.04.2020, ST 715 Beratungsergebnisse: 37. Sitzung des OBR 1
am 14.01.2020, TO I, TOP 5 Beschluss: a) Es dient zur Kenntnis, dass eine schriftliche
Stellungnahme des Magistrats nicht vorliegt und ein Vertreter des Magistrats
in der Sitzung nicht zugegen war. b) Der Magistrat wird hiermit
unter Hinweis auf § 4 Absatz 10 GOOBR an die Erledigung der Angelegenheit
erinnert. Abstimmung:
Einstimmige Annahme 38. Sitzung des OBR 1
am 11.02.2020, TO I, TOP 5 Beschluss: a) Es dient zur Kenntnis, dass eine schriftliche
Stellungnahme des Magistrats nicht vorliegt und ein Vertreter des Magistrats
in der Sitzung nicht zugegen war. b) Der Magistrat wird hiermit
unter Hinweis auf § 4 Absatz 10 GOOBR an die Erledigung der Angelegenheit
erinnert. Abstimmung:
Einstimmige Annahme Aktenzeichen: 23 20