Heizkraftwerk West
Vorlagentyp: ST Magistrat
Stellungnahme des Magistrats
- Wie hat sich die Wirtschaftlichkeit des Einsatzes von Steinkohle als Brennstoff im Vergleich mit Erdgas im Jahr 2018 entwickelt? Grundsätzlich ist festzuhalten, dass die Kohleanlagen des Anlagenparks im Heizkraftwerk (HKW) West für einen Grundlastbetrieb ausgelegt sind. Dies bedeutet, dass zur Gewährleistung der Versorgungssicherheit in der Wärme die Kohleanlagen i.d.R. in Grundlast betrieben und durch die flexiblen Gasanlagen abgesichert sowie in Spitzenlastzeiten abgedeckt werden. Aufgrund der langen Anfahrzeiten der Kohleanlagen im Verhältnis zu den Gasanlagen würde eine umgekehrte Fahrweise außerdem zu deutlichen Flexibilitätseinschränkungen führen. Dies würde sowohl im Hinblick auf die Versorgungssicherheit als auch in Bezug auf kurzfristige Schwankungen des Marktes oder der Wärmenachfrage dazu führen, dass nur eingeschränkt reagiert werden kann. Deshalb kann eine Kohleanlage aufgrund des langen Anfahrvorganges nicht als Reserveanlage (Redundanz) eingesetzt werden. Zudem führt eine umgekehrte Fahrweise aufgrund der Brennstoffkostenunterschiede (Gaskosten > Kohlekosten) zu höheren Gestehungskosten für die Strom- und Wärmeproduktion. Auch im Jahr 2018 wäre der vermehrte Einsatz der Gasanlage HKW West Block 4 und der Kesselanlagen auf Grund von Brennstoff und CO2-Preis nicht wirtschaftlich gewesen.
- Wie hätten sich die Betriebskosten verändert, hätte man am Anfang des Jahres 2018 entschieden, den Erdgasblock des HKW-West durchgehend zu benutzen und Steinkohle nur noch bei zusätzlichem Bedarf zu verbrennen? Unabhängig von den unter Antwort 1 erläuterten Nachteilen einer umgekehrten Fahrweise wären die Betriebskosten in 2018 bei einem maximalen Betrieb des Gasblockes statt der Kohleblöcke um rd. 9,5 Mio. € höher gewesen.
- Wie groß wäre die Reduzierung von Kohlendioxid bei einer solchen Entscheidung gewesen? Grundsätzlich wird bei der Verbrennung von Gas spezifisch weniger CO2 emittiert als bei der Verbrennung von Kohle. Für den absoluten CO2-Ausstoß eines Kraftwerks ist jedoch auch die eingesetzte Kraftwerkstechnologie, deren Effizienz und Einsatzfahrweise von Bedeutung. Aufgrund der technischen Kraftwerkskonstellation am Standort HKW West im Jahr 2018 (z. B. technische Mindestlasten; Revision eines der Kohleblöcke; Wärmebedarf im Dampfnetz) wäre der CO2-Ausstoß bei einer solchen Entscheidung in 2018 jedoch nicht geringer gewesen.
- Was hätte also im Jahr 2018 die Reduktion einer Tonne Kohlendioxid durch den Ersatz von Steinkohle durch Erdgas als Brennstoff gekostet? Da es bei der gegebenen Kraftwerkskonstellation 2018 eine entsprechend veränderte Fahrweise technisch, wirtschaftlich und vor dem Hintergrund der CO2-Reduktion keinen Sinn gemacht hätte, wurde auf eine Berechnung der CO2-Minderungskosten pro Tonne verzichtet. Wie sich die Umstellung von Kohle auf Erdgas im HKW West auswirkt und mit welchen Investitionskosten diese verbunden ist, wird zurzeit von Mainova erarbeitet. Ähnliche Projekte, wie z. B. die Umstellung der Kraftwerke im Industriepark Höchst weisen CO2-Einsparungen von 1 Mio. Tonnen bei Investitionskosten im dreistelligen Millionenbereich auf (Quelle Infraserv).
- Welche Mengen sonstiger Schadstoffe (Quecksilber, Feinstaub) wären weniger emittiert worden bei der Verbrennung von Gas statt Kohle? Die in der
- Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchV) festgeschriebenen Emissionsgrenzwerte für die Parameter Gesamtstaub und Quecksilber und seine Verbindungen werden vom HKW-West bei Weitem unterschritten. Der Tagesmittelwert im Abgas für Gesamtstaub liegt bei 10 mg/m3, der tatsächlich in den Steinkohleblöcken der Mainova kontinuierlich messtechnisch erfasste Wert liegt im Jahresmittel bei 0-3 mg/m3. Für Quecksilber und seine Verbindungen liegt der in der Verordnung vorgegebene Grenzwert für das Tagesmittel im Abgas bei 0,03mg/m3. Bei der jährlichen Messung wurde im Jahr 2018 ein max. Wert von 0,004 mg/m3 nachgewiesen.
- Wie beurteilt der Magistrat die Entwicklung auf dem Brennstoffmarkt für die Zukunft? Es ist davon auszugehen, dass der derzeit niedrige Gaspreis an dem vergangenen warmen Winter und den dadurch vollen Gasspeichern liegt. Die aktuellen Preisprognosen lassen sich allerdings am langfristigen Markt nicht erkennen. Generell ist jedoch ein Ansteigen der Zertifikatspreise im EU Emissions Trading System (EU ETS) für CO2 zu beobachten. Diese wird dazu beitragen, dass der Preisunterschied zwischen Kohle und Gaspreis zukünftig geringer wird.
- Wäre das HKW-West gerüstet, bei weiter steigender Wirtschaftlichkeit von Erdgas gegenüber Steinkohle vollständig auf Erdgas als Brennstoff umgestellt zu werden? Wenn nein, was müsste getan werden, um eine vollständige Umstellung zu ermöglichen? Durch den Frankfurter Fernwärmeverbund können alle Anlagen in das gemeinsame Fernwärmenetz einspeisen. Die Flexibilität ist jedoch dadurch eingeschränkt, dass das Fernwärmenetz teilweise als Dampfnetz (Innenstadtbereich) und teilweise als Heizwassernetz betrieben wird. Das Müllheizkraftwerk kann unter den derzeitigen Rahmenbedingungen (keine Dampfleitung vom Müllheizkraftwerk zur Innenstadt) keinen Beitrag zur Deckung des Dampfbedarfs leisten. Die Kraftwerkseinsatzplanung gewährleistet, dass in Abhängigkeit des Wärmebedarfes und der Marktpreise für Brennstoff, CO2 und Strom ein wirtschaftlich optimaler und effizienter Anlageneinsatz erfolgt. Eine vollständige Umstellung kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht gewährleistet werden, da die Kohleanlagen mit einer thermischen Leistung von ca. 210 MW eine wesentliche Säule der Fernwärmesystems sind und für die Sicherstellung des Wärmebedarfs benötigt werden. Grundsätzlich ist die vollständige Substitution von Kohle durch Erdgas im HKW West eine hochkomplexe Baumaßnahme mit entsprechenden Planungs-, Genehmigungs- und Bauphasen, zumal diese im laufenden Betrieb erfolgen muss, um die Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Die Preisentwicklungen werden kontinuierlich beobachtet und bei einem langanhaltenden Preiseffekt bereits heute Kohle- durch Gasmengen, wie bspw. im HKW Niederrad und HKW West Block 4, teilweise ersetzt. Mainova prüft bereits intensiv, wie künftig die Stadt und Region klimaschonend mit Energie versorgt werden kann. Hierfür arbeitet das Unternehmen derzeit an einem Energieentwicklungsplan, der Erzeugung, den Netzausbau und den Kundenbedarf gleichermaßen berücksichtigt. Ergänzend zur Beantwortung der vorgenannten Fragen wird auf die Vorlage des Magistrats M 199 vom 22.11.2019 unter dem Betreff "Klimaallianz" verwiesen, die von der Stadtverordnetenversammlung mit § 5019 am 12.12.2019 beschlossen wurde.