Räumung der Westendvilla Schumannstraße 60 - warum wurde geräumt?
Vorlagentyp: ST Magistrat
Inhalt
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A C H S T A N D : Stellungnahme des Magistrats vom 27.01.2012, ST
181
Betreff: Räumung der
Westendvilla Schumannstraße 60 - warum wurde geräumt? Die Anregung wurde an die Polizei
Frankfurt am Main als zuständige Behörde weitergeleitet. Seitens der Polizei sowie des
Magistrats wird wie folgt Stellung genommen: 1. Auf welcher Rechtsgrundlage am 20. Oktober 2011
ab 20 Uhr die polizeiliche Räumung der Westendvilla ohne vorausgegangene
Verhandlungen mit den Besetzern über ein freiwilliges Verlassen der
Räumlichkeiten durchgeführt wurde. Die Besetzung der Liegenschaft "Schumannstraße 60"
erfüllte nach der Stellung eines Strafantrages durch den Gebäudeträger den
Tatbestand des schweren Hausfriedensbruchs (§ 124 Strafgesetzbuch, StGB).
Vor dem Betreten des Anwesens
durch die eingesetzten Beamtinnen und Beamten wurde den im Objekt befindlichen
Personen wiederholt durch Lautsprecher die Möglichkeit eingeräumt, das Gebäude
freiwillig zu verlassen. 2. Mit welcher Begründung und durch welche Umstände
der Einsatz eines Polizeiaufgebots in Kampfausrüstung gerechtfertigt war,
obwohl es sich um eine friedliche Besetzung handelte und von den Besetzern
keinerlei Gefahr ausging. So war z. B. auf einem an der Hauswand angebrachten
Transparent die Telefonnummer der Verhandlungsführer im Haus groß und leserlich
veröffentlicht.
Die Polizeibeamtinnen und
-beamten des Polizeipräsidiums verfügen über eine Schutzausrüstung, welche
geeignet ist, körperliche Schäden durch äußere Einwirkung zu verhindern.
Das Auftreten der eingesetzten Beamtinnen und
Beamten war der Lage angemessen und verhältnismäßig. 3. Warum die Besetzer bei ihrer Verhaftung mit
scharfkantigen Kabelbindern gefesselt wurden und welche Verletzungen diese
Maßnahme zur Folge hatten. Die letztlich im Gebäude angetroffenen Personen
waren Tatverdächtige einer Straftat. Die Fesselung mittels Einweghandfesseln
erfolgte aus Gründen der Eigensicherung sowie auch zur Verhinderung der Flucht,
um sich der Strafverfolgung zu entziehen. Es sind keinerlei Verletzungen hierdurch
bekannt. 4. Warum die Personalien der
Besetzer, die in Polizeigewahrsam genommen wurden, nicht wie allgemein üblich
vor Antritt der Fahrt festgestellt wurden, z. B. um eine unzulässige
Unterbringung von Minderjährigen in Polizeigewahrsam zu verhindern. Aufgrund der vor der Liegenschaft "Schumannstraße
60" stattfindenden demonstrativen Aktionen durch die Besetzer, welche
freiwillig das Objekt verlassen hatten, und weiteren hinzugekommenen Personen
war eine Personalienfeststellung vor Ort nicht verhältnismäßig. Durch diese
polizeilichen Maßnahmen wären Einwirkungsmöglichkeiten der Demonstranten
möglich und damit einhergehende Eskalationen nicht auszuschließen gewesen.
Im Gewahrsam des
Polizeipräsidiums wurden die durch die sofortige Personalienfeststellung
identifizierten Minderjährigen mit Vorrang bearbeitet und anschließend in die
Obhut der Erziehungsberechtigten übergeben. 5. Womit der mehrfache Schlagstockeinsatz begründet
wird. Von einem Einsatz von Leuchtspurmunition in der Schumannstraße - von der
Presse als Auslöser für die polizeiliche Vorgehensweise angegeben - war Iaut
Auskunft von Zeugen bei Dunkelheit nichts zu sehen. Im Bereich Beethovenplatz kam es infolge der
Räumung zu einer größeren Menschenansammlung, die sich zu einem Spontanaufzug
formierte. Hier kam es zu Widerstandshandlungen gegenüber den eingesetzten
Polizeikräften.
6. Warum vor zwei Jahren das
Gebäude nach dem Verlassen des Instituts der Goethe-Universität nicht
unmittelbar wieder einer Wohnnutzung zugeführt wurde. Schließlich gab es von
Seiten der Universität eine Zusage, dass alle im Westend frei werdenden
Institutsgebäude, die zuvor dem Wohnen dienten, sofort wieder einer Wohnnutzung
zugeführt werden. Hierzu liegen dem Magistrat keine Erkenntnisse
vor. 7. Warum das leer stehende Gebäude
trotz eklatanter Wohnraumnot für Studenten geräumt wurde, nachdem am
Donnerstagmorgen vom Universitätspräsidenten Müller-Esterl ein Aufruf an alle
Vermieter Frankfurts erfolgt war, dringend den benötigten preisgünstigen
Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Aufgrund laufender Ermittlungsverfahren können
Einzelheiten nicht mitgeteilt werden. Vertraulichkeit: Nein
dazugehörende Vorlage:
Anregung an den
Magistrat vom 24.10.2011, OM 477