Ferienwohnungen in Frankfurt - der Ritt auf dem Papiertiger? Die Satzung der Stadt Frankfurt über "die Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung und zu ähnlichen Zwecken"
Vorlagentyp: ST Magistrat
Inhalt
S
A C H S T A N D : Stellungnahme des Magistrats vom 06.08.2018, ST
1445
Betreff: Ferienwohnungen in
Frankfurt - der Ritt auf dem Papiertiger? Die Satzung der Stadt Frankfurt
über "die Nutzung von Wohnraum als Ferienwohnung und zu ähnlichen
Zwecken" Zu Ziffer 1.: Der Magistrat hat im Zeitraum von
2013 bis 2017 im Stadtgebiet insgesamt rund 1500 durch Ferienwohnungsnutzung
umgewandelte Wohnungen zurückgewinnen können. Für die einzelnen Stadtteile
können leider keine Zahlen genannt werden, da diesbezüglich keine gesonderte
Statistik geführt wird. Zu Ziffer 2.: Der Magistrat konnte bis zum Inkrafttreten des
Gesetzes zur Umsetzung der Richtlinie 2014/52/EU im Städtebaurecht und zur
Stärkung des neuen Zusammenlebens in der Stadt vom 04.05.2017 (BGBl. I S. 1057)
allein aufgrund des Bau- und Planungsrechts wirksam gegen die Umwandlung von
Wohnraum in Ferienwohnungen vorgehen, da Ferienwohnungen nur in entsprechend
ausgewiesenen Sondergebieten zulässig waren und es solche in Frankfurt nicht
gibt. Mit den durch das vorgenannte Gesetz erfolgten Änderungen des
Baugesetzbuchs (BauGB) und der Baunutzungsverordnung (BauNVO) hat sich dies
geändert. Seither sind Ferienwohnungen baurechtlich in nahezu allen Baugebieten
zulässig. Zumindest in den Baugebieten, in denen Ferienwohnungen allgemein
zulässig sind, etwa in Misch- oder Kerngebieten, hat der Magistrat bei
Bauanträgen auf Nutzungsänderung von Wohnraum in Ferienwohnung keinen
Ermessensspielraum, weshalb entsprechende Bauanträge daher regelmäßig positiv
zu bescheiden wären. Parallel zum Baurecht gilt jedoch nunmehr die am
28.03.2018 in Kraft getretene Ferienwohnungssatzung. Das bedeutet in der
Praxis, dass Ferienwohnungsbetreiber für die Umnutzung von Wohnraum in eine
Ferienwohnung seit diesem Zeitpunkt neben der baurechtlichen Genehmigung
zusätzlich auch eine Genehmigung nach der Ferienwohnungssatzung benötigen.
Die Satzungsgenehmigung wird nur unter der
Voraussetzung erteilt, dass der durch die Umnutzung in Ferienwohnung dem
Wohnungsmarkt entzogene Wohnraum durch die Schaffung von adäquatem
Ersatzwohnraum oder in Einzelfällen durch eine Ausgleichszahlung kompensiert
wird. Werden diese Voraussetzungen nicht erfüllt und kann eine
Satzungsgenehmigung nicht in Aussicht gestellt werden, ist der Magistrat
berechtigt, auch die Baugenehmigung zu verwehren. Zur Frage nach der kulturellen oder historischen
Bedeutung des Wohnraums: Die
Ferienwohnungssatzung regelt in § 3 Absatz 2, dass ein Anspruch auf Erteilung
der Satzungsgenehmigung nicht besteht, wenn es aus besonderen Gründen im
öffentlichen Interesse geboten ist, dass bestimmter Wohnraum nicht zu
Ferienwohnungszwecken genutzt wird, so etwa bei kultureller oder historischer
Bedeutung des Wohnraums. Diese könnte zum Beispiel bei bestimmten
denkmalgeschützten Gebäuden gegeben sein. Hier bedarf es jedoch immer einer
Einzelfallprüfung. Allgemeingültige Kriterien können daher diesbezüglich nicht
genannt werden.
Zu Ziffer 3.: Erklärtes Ziel der
Ferienwohnungssatzung ist der Schutz und Erhalt des bestehenden Wohnraums. Sie
soll gewährleisten, dass der durch die Nutzung als Ferienwohnung dem
Wohnungsmarkt entzogene Wohnraum wieder ausgeglichen wird. Ein adäquater
Ausgleich ist - bei dauerhafter Umnutzung - nur durch die Schaffung von
Ersatzwohnraum in gleicher Größe und Qualität möglich, ausnahmsweise auch durch
eine einmalige Ausgleichzahlung in Höhe der Durchschnittskosten für die
Erstellung von Wohnraum. Deshalb sieht die Satzung eine Genehmigung zur
dauerhaften Umnutzung nur bei Erfüllung dieser Voraussetzungen vor. Dem
Magistrat ist bewusst, dass eine solche Genehmigung nur in wenigen Einzelfällen
beantragt und erteilt werden wird. Eine weniger restriktive Regelung, die eine
großzügige Umwandlung von Wohnraum ermöglichte, würde den Satzungszweck jedoch
verfehlen. Zu Ziffer 4. und 5.: Die vermehrte Umnutzung von Wohnraum
in Ferienwohnung ist nicht nur in Frankfurt am Main, sondern bundesweit auch in
anderen Städten mit angespanntem Wohnungsmarkt ein Problem. Aus dem
interkommunalen Erfahrungsaustausch ist bekannt, dass nur wenige
Internetplattformen umfassend mit den Kommunen kooperieren. Insbesondere
Gesellschaften mit Sitz im Ausland verweigern regelmäßig die Herausgabe der
Identitäten der Vermieter bzw. der Objektadressen, über die sich die
Verantwortlichen identifizieren ließen. Diese Weigerungshaltung kann derzeit
noch u.a. deshalb durchgehalten werden, weil die Anwendung des § 93
Abgabenordnung (AO) oder kommunalsatzungsrechtlicher Auskunftspflichten auf
Auslandsfälle fraglich ist. Bund und Länder sollten die Plattformanbieter daher
zur Beantwortung von Sammelauskunftsersuchen verpflichten. Dies würde nicht nur
die Verfolgung illegaler Ferienwohnungsnutzungen erleichtern, sondern auch die
Beitreibung von Steuern. Was das Vorgehen gegen andere ungenehmigte
Nutzungsänderungen von Wohnraum wie auch das Leerstehenlassen betrifft, wäre
die Wiedereinführung des Wohnraumzweckentfremdungsverbotes wünschenswert. Der
Magistrat hat sich gegenüber den zuständigen Hessischen Fachministerien
mehrfach dafür eingesetzt, ein entsprechendes neues Gesetz über das Verbot der
Zweckentfremdung von Wohnraum zu initiieren, das der Stadt Frankfurt am Main
eine weitere Interventionsmöglichkeit gegen die Zweckentfremdung von Wohnungen
gibt. Zu Ziffer 6.: Die in § 6 Absatz 3 der
Ferienwohnungssatzung normierte Genehmigungsfiktion gilt ausschließlich für
Anträge nach § 6, d. h. nur für Anträge zur kurzzeitigen Umnutzung bzw. zur
Nutzung eines Zimmers zu Ferienwohnungszwecken. Der Prüfumfang für diese
Anträge ist vergleichsweise gering, sodass die Einhaltung der Monatsfrist
unproblematisch erscheint. Bisher beträgt die durchschnittliche
Bearbeitungsdauer für solche Genehmigungen 2,6 Tage und für Versagungen 5,9
Tage. Deutlich arbeitsintensiver und
aufwändiger ist sicherlich der repressive Teil des Vollzugs der
Ferienwohnungssatzung, d. h. die Ermittlung ungenehmigter Nutzungen und die
Durchsetzung der Beendigung dieser Nutzungen im Wege des Verwaltungsverfahrens
sowie die Ahndung mit Bußgeldern. Der Vollzug der Ferienwohnungssatzung
insgesamt ist derzeit nur unter Zurückstellung anderer Aufgaben zu leisten.
Inwieweit hier auf Dauer die vorhandenen Personalkapazitäten ausreichen, bleibt
zunächst abzuwarten. Vertraulichkeit: Nein
dazugehörende Vorlage:
Auskunftsersuchen
vom 14.05.2018, V 867