Kommunale Prostitutionspolitik
Vorlagentyp: ST Magistrat
Inhalt
S
A C H S T A N D : Stellungnahme des Magistrats vom 17.03.2014, ST
383
Betreff: Kommunale
Prostitutionspolitik Zu Frage 1: Mit Beschluss vom 20.02.2013 hat der
Große Senat des Bundesfinanzhofes (BFH) seine frühere Auffassung aufgegeben,
nach der Prostituierte sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 des
Einkommensteuergesetztes erwirtschaften. Er hat nunmehr festgestellt, dass
selbstständig tätige Prostituierte Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielen und
damit auch Gewerbesteuerpflichtig sind. Die Gewerbesteuer wird auf der
Grundlage des vom zuständigen Finanzamt der Landesfinanzverwaltung zu
erstellenden und der Gemeinde übermittelten Gewerbesteuermessbescheides
festgesetzt. Es ist nunmehr zunächst die Aufgabe der Finanzämter die
Einkommensteuererklärungen der Betroffenen zu berichtigen und/oder die Abgabe
einer Gewerbesteuererklärung einzufordern. Sobald Gewerbesteuermessbescheide
der zuständigen Finanzämter vorliegen, werden durch das Kassen- und Steueramt
die entsprechenden Gewerbesteuerfestsetzungen vorgenommen. Zu Frage 2: Die Beurteilung einer Tätigkeit als
gewerbesteuerpflichtig nach Abgabenordnung ist nicht gleichbedeutend mit einer
Anzeigepflicht nach § 14 GewO. Die rechtlichen Vorgaben des Hessischen
Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (Erlass zum Vollzug
der Gewerbeordnung an die Kommunen) schließen eine Anmeldung von sexuellen
Dienstleistungen durch deren selbständige Erbringer/-innen beim örtlichen
Gewerberegister aus. Dem Ordnungsamt liegen bislang keine Kenntnisse vor, ob
bzw. dass aufgrund der neueren Rechtsprechung im Steuerrecht eine Änderung des
Standpunktes in Bezug auf die Durchführung des § 14 GewO (Anzeigepflicht) im
zuständigen Ministerium erwogen wird. Ein Bordellbetrieb selbst (z.B. mit
Prostituierten als Arbeitnehmerinnen oder als gewerbliche Zimmervermietung über
Räume zur Prostitutionsausübung inklusive Nebenleistungen) ist ein
Gewerbebetrieb und vom Betreiber des Bordells im Gewerberegister anzumelden.
Ferner sieht auch die
Sperrgebietsverordnung für die Stadt Frankfurt keine Anzeige- oder
Genehmigungspflicht vor. Zu Frage 3: Nein. Zu Frage 4: Nein. Zu Frage 5: Infolge der sog. Föderalismusreform 2006 ist die
Gesetzgebungskompetenz für den Bereich des Wohnungswesens in die alleinige
Zuständigkeit der Länder zurückgefallen. Um in Frankfurt am Main einem Verbot
der Zweckentfremdung von Wohnraum wieder Geltung zu verschaffen, bedarf es
daher nicht mehr nur eines Aktes der Landesregierung (Verordnung), um die
Anwendung der bundesgesetzliehen Vorschrift des Art. 6
Mietrechtsverbesserungsgesetz wieder aufleben zu lassen, sondern vielmehr des
Beschlusses eines neuen Landesgesetzes durch den Landtag. In anderen
Bundesländern (z.B. NRW, Bayern) ist dies bereits erfolgt. Der Frankfurter Wohnungsmarkt ist durch eine
Wohnungsmangelsituation geprägt. Deshalb besteht die Notwendigkeit, die
bestehenden Wohnungen für die wohnungssuchenden Bürgerinnen und Bürger
verfügbar zu halten und das Leerstehenlassen, die Beseitigung und die
Nutzungsänderung von Wohnraum unter einen gesetzlichen Vorbehalt zu stellen.
Das Amt für Wohnungswesen befürwortet daher den Erlass eines neuen Hessischen
Zweckentfremdungsgesetzes. Häufig benutzen Prostituierte die Wohnungen nicht
nur als Arbeitsstätte, sondern wohnen auch dort. Die (frühere) Rechtsprechung
zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum sah eine verbotswidrige
nichtwohnliche Nutzung dann als gegeben, wenn - unabhängig von der Art des
ausgeübten Gewerbes - die teilweise berufliche Verwendung den Wohnzweck
tatsächlich erkennbar überwiegt. Bei einer derartigen Situation könnte daher
auf der Basis eines Verbotes der Zweckentfremdung von Wohnraum interveniert
werden. Zu Frage 6: Grundsätzlich gilt Gewerbefreiheit in der
Bundesrepublik Deutschland. Das Prostitutionsgesetz vom 20.12.2001 regelt die
rechtliche Stellung von Prostitution als Dienstleistung. Daher ist eine
gewerberechtliche Untersagung von Prostitutionsbetrieben nicht möglich. Im
übrigen verweisen wir auf die Antwort zu Frage 5. Vertraulichkeit: Nein
dazugehörende Vorlage:
Auskunftsersuchen
vom 25.11.2013, V 879