Bahnhofsviertel für alle oder nur noch "Schickimicki"?
Vorlagentyp: ST Magistrat
Inhalt
S
A C H S T A N D : Stellungnahme des Magistrats vom 05.02.2016, ST
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Betreff: Bahnhofsviertel
für alle oder nur noch "Schickimicki"? Zu 1. Seit März 2014 gingen mehrfach nachdrückliche
Lärmbeschwerden der Nachbarschaft beim Ordnungsamt ein. Bei Kontrollen am
12.03.2014 um 23:30 Uhr, am 13.02.2015 um 23:30 Uhr, am 06.03.2015 um 23:15 Uhr
und am 20.03.2015 um 22:50 Uhr wurden jeweils zwischen 20 und 200 Personen vor
dem "Yok Yok" angetroffen, die sich mit Getränken aus diesem versorgten und im
Außenbereich des Betriebes eine "Party-Zone" errichteten. Die Nachbarschaft
fühlte sich berechtigterweise in ihrer Nachtruhe gestört, was auch durch zwei
orientierende Schallpegelmessungen und eine Schallpegelmessung in der Wohnung
eines Beschwerdeführers bestätigt wurde. Bei zwei persönlichen Gesprächen mit dem Betreiber
wurde auf die Beschwerdesituation hingewiesen und die Möglichkeit eingeräumt,
mit eigenen freiwilligen Maßnahmen ohne Zutun des Ordnungsamtes die
Beschwerdesituation vor Ort zu entschärfen. Solche freiwillig vom Betreiber
ergriffenen und umgesetzten Maßnahmen hätten eine Alternative zu behördlichen
Anordnungen sein können. Allerdings hat sich der Betreiber nachweislich nicht
an die Vereinbarungen gehalten, so dass dem Ordnungsamt zur Beseitigung der
Beschwerdesituation keine Alternative als die verfügte Betriebszeitbeschränkung
blieb. Zu 2. Insgesamt wurden drei Lärmmessungen vorgenommen. Am
13.02.2015 wurde um 23:30 Uhr eine orientierende Schallpegelmessung an der
gegenüberliegenden Wohnbebauung durchgeführt, dabei wurden 51 d(B)A gemessen,
erlaubt sind zur Nachtzeit in diesem Bereich 45 d(B)A. Am 06.03.2015 wurden an
der gegenüberliegenden Straßenseite 60,2 d(B)A orientierend gemessen. In beiden
Fällen konnten von der Stadtpolizei eindeutig die auf der Straße stehenden
Gäste des "Yok Yok" als ursächliche Lärmquelle ausgemacht werden. Am 22.05.2015 wurde in der Wohnung
eines Beschwerdeführers um 22:30 Uhr eine Schallpegelmessung durchgeführt.
Diese ergab - bei 50 bis 80
Gästen im Außenbereich des "Yok Yok" - einen Lärmwert von 67 dB(A) und somit
eine deutliche Überschreitung. Diese Lärmmessung in dieser Wohnung des
Beschwerdeführers hat deutlich gezeigt, dass die Lärmbelästigungen von den
Gästen des "Yok Yok" ausgehen, die sich nach 22:00 Uhr im unmittelbaren und
angrenzenden Außenbereich des Betriebs aufhalten. Zu 3. Für andere Betriebe in der Münchener Straße gibt es
derartige Verfügungen (bisher) nicht. Zwar kam es in der Vergangenheit zu
vereinzelten Lärmbeschwerden von Anwohnern, diese konnten jedoch durch
Ermahnung und Belehrung der Betreiber ausgeräumt werden. Zu 4. Selbstverständlich handelt es sich beim
Bahnhofsviertel nicht um ein reines Wohngebiet. Jedoch gelten auch hier
gesetzlich festgelegte Lärmgrenzwerte, die einzuhalten sind. Bei entsprechenden
Verstößen ist die Behörde verpflichtet, diese zu ahnden und auf die Einhaltung
hinzuwirken. Die Tatsache, dass es sich bei dem Viertel um ein Ausgeh- und
Amüsierviertel handelt, spielt bei der Überwachung der entsprechenden
gesetzlichen Regelungen keine Rolle. Die geltenden Normen sind für jedermann
verbindlich und einzuhalten. Zu 5. Auch Faktoren wie bspw. ein überregionaler
Bekanntheitsgrad einzelner Gaststättenbetriebe sind nicht geeignet, diese
außerhalb des geltenden Rechtsrahmens zu stellen, sofern sie sich als
Störbetrieb erweisen. Die gesetzlich vorgeschriebenen Lärmgrenzwerte sind
grundsätzlich einzuhalten. Zu 6. Seit der Verfügung der Betriebszeitbeschränkung für
den gastronomischen Teil des "Yok Yok" sind beim Ordnungsamt keine Beschwerden
mehr eingegangen. Die Stadtpolizei hat den Betrieb in den vergangenen Wochen
häufig kontrolliert und festgestellt, dass sich die Situation beruhigt hat.
Wenn sich keine Gäste mehr im Außenbereich des "Yok Yok" aufhalten, ist die
Situation ruhig und die Nachtruhe wird eingehalten. Zu 7. Die Verfügung vom 09.09.2015 beinhaltet die
Betriebszeitbeschränkung für den gastronomischen Teil des Betriebes. Bei dem
"Yok Yok" handelt es sich um einen sogenannten Mischbetrieb, bestehend aus
einem Einzelhandel (Kiosk) und einem gastronomischen Betrieb. Die Kunden und
Gäste haben die Möglichkeit, die im Kiosk gekauften Getränke an Ort und Stelle
zu verzehren.
Aufgrund der nachgewiesenen
Lärmbeeinträchtigungen der Nachbarschaft zur Nachtzeit (22:00 Uhr bis 06:00
Uhr) wurde daher lediglich die Betriebszeit des gastronomischen Teils des "Yok
Yok" beschränkt, damit nach 22:00 Uhr keine Gäste mehr vor Ort verweilen, ihre
Getränke konsumieren und eine erhebliche Lärmkulisse produzieren. Der Einzelhandel des Betriebes ist
von dieser Betriebszeitbeschränkung nicht betroffen und kann im Rahmen des
Hessischen Ladenöffnungsgesetzes auch nach 22:00 Uhr Getränke "zum Mitnehmen"
verkaufen. Die Anordnung
Nummer 2 der Verfügung soll gewährleisten bzw. sicherstellen, dass nach 22:00
Uhr auch tatsächlich kein Gaststättenbetrieb (Verzehr vor Ort) mehr
stattfindet. Der Gewerbetreibende hat insofern dafür Sorge zu tragen, dass die
Kunden seines Kioskbetriebes die bei ihm gekauften Getränke nicht mehr direkt
vor oder neben seinem Kiosk vor Ort, d. h. in seinem Einwirkungsbereich,
verzehren, sondern tatsächlich auch mitnehmen. Diese Verpflichtung besteht selbstverständlich nur
im Rahmen der tatsächlichen Öffnungszeiten. Vertraulichkeit: Nein
dazugehörende Vorlage:
Auskunftsersuchen
vom 03.11.2015, V
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