Klimagefährdung durch Wärmeabstrahlung
Vorlagentyp: ST Magistrat
Inhalt
S A C H S T A N D :
Stellungnahme des
Magistrats vom 20.12.2019, ST 2405 Betreff: Klimagefährdung durch
Wärmeabstrahlung Zu 1) Gibt es baurechtliche
Vorgaben für Rechenzentren, die die Wärmeabgabe und Lärmemissionen betreffen? Teilbereich Wärme Bei Rechenzentren bestimmt die Feuerungswärmeleistung
der vorzuhaltenden Notstromversorgung mit Verbrennungsmotoranlagen die Art des
Genehmigungsverfahrens. Bei einer Feuerungswärmeleistung von 50 Megawatt und
mehr handelt es sich immissionsschutzrechtlich um eine genehmigungsbedürftige
Anlage. Genehmigungsvoraussetzung ist die sparsame und effiziente Verwendung
von Energie, was mit einer Abwärmeminimierung bzw. -nutzung einhergeht.
Bei den meisten Rechenzentren in Frankfurt liegt die
Feuerungswärmeleistung unter 50 Megawatt, damit handelt es sich
immissionsschutzrechtlich um nicht genehmigungsbedürftige Anlagen. Diese werden
im Baugenehmigungsverfahren geprüft. Immissionsschutzrechtlich besteht keine
Energie- bzw. Wärmeverwendungspflicht. Ergänzend sind planungsrechtliche Regelungen zur
Wärmeabgabe möglich, wie sie in Frankfurt für das Gewerbegebiet Sossenheim
gelten. Dort wird im Textteil des Bebauungsplans Nr. 341 Ä aus Gründen des
Klima- und Umweltschutzes die atmosphärische Wärmeabgabe auf maximal 3
Megajoule pro Stunde und Quadratmeter bebauter Fläche begrenzt. Allerdings
konnte für dort geplante Rechenzentren durch klimatische Simulationen im
Einzelfall nachgewiesen werden, dass bei den gegebenen Rahmenbedingungen
(Kaltluftmächtigkeit, Abgabehöhe der Abwärme) selbst höhere Wärmeabgaben die
klimatischen Verhältnisse nicht beeinträchtigen. Teilbereich Lärm Die Belastung durch Lärm wird im
Baugenehmigungsverfahren nicht abschließend beurteilt. Die mögliche
Lärmbelastung wird nach den Vorgaben des Bundesimmissionsschutzgesetzes
(BImSchG) bewertet. Zur Beurteilung wird die TA Lärm, eine
Verwaltungsvorschrift zum BImSchG, herangezogen. Bewertet wird bei Lärm immer
die Immission, d.h. die Einwirkung (oder Lautstärke) auf der Seite der
betroffenen Anwohnerinnen und Anwohner. 2. Wer ist zuständig für Kontrolle von Wärmeabgaben
bei Firmen mit großer Wärmeentwicklung? Die immissionsschutzrechtliche Überwachungsbehörde
bei Rechenzentren (mit Zuständigkeit für die Bereiche Wärme und Lärm) ist das
Regierungspräsidium Darmstadt. 3. Wie groß ist die Wärmeabstrahlung im Bereich
Eschborner Landstraße? Wärmeabstrahlung der Rechenzentren im Bereich der
Eschborner Landstraße sind nicht bekannt. 4. Wie hoch ist der Stromverbrauch von Rechenzentren
in der Größe der o. g. Firmen? ln Frankfurt haben die Rechenzentren mittlerweile
einen Anteil von 17% am Gesamtstromverbrauch und 40% am Gewerbestromverbrauch.
Jahr NRM + Syna 2017 1.037 GWh
2018 1.198 GWh Aktuelle Entwicklung des
Stromverbrauchs der RZ in Frankfurt Der Stromverbrauch der Haushalte in Frankfurt lag im
gleichen Zeitraum bei 950 GWh im Jahr 2017 und 940 GWh im Jahr 2018. Auf der Abwärmepotenzialkarte des
Energiereferates wird das mögliche Abwärmepotenzial der RZ in Rödelheim
dargestellt. Es liegt deutlich über einer Wärmeleistung von 7,5 MW. Genug um
mindestens 2.500 Wohnungen mit Wärme zu versorgen. 5. Gibt es Planungen für eine Nutzung der Abwärme in
diesem Bereich? Derzeit gibt es keine Kenntnisse über Planungen zur
Nutzung der Abwärme der Rechenzentren im Bereich der Eschborner Landstraße. Im
Rahmen der regelmäßigen Fachstellenbeteiligung an Baugenehmigungsverfahren für
Rechenzentren im Frankfurter Stadtgebiet verweisen wir auf das Abwärmekataster
des Energiereferates und empfehlen die kontinuierlich anfallende Abwärme
möglichst umfassend zu nutzen. Nach Aussage der Wirtschaftsförderung ist das
Interesse bei den Rechenzentren-Betreibern die Abwärme nutzbar zu machen
aktuell sehr groß. Allerdings reicht das in Rechenzentren erreichte
Temperaturniveau der Abwärme (< 35 °C) für die Einspeisung in das
Frankfurter Fernwärmenetz aufgrund deutlich höherer Temperaturen nicht aus.
Auch liegen die meisten RZ außerhalb des Fernwärmenetzes von Frankfurt.
Es gibt jedoch aktuell ein Projekt "Avaya-Gelände
(Gallus)", wo die Abwärme eines Rechenzentrums genutzt werden könnte, ein
Neubaugebiet mit einem eigenen Wärmeverteilnetz auf niedrigen Temperaturen zu
versorgen. Auch an anderen
Stellen wird daran gearbeitet Abwärme aus Rechenzentren für die Wärmeversorgung
von Gebäuden zu nutzen. Ein
gutes Beispiel ist das RZ im Eurotheum des Betreibers Cloud&Heat. Dort
gelingt es mit direkter Wasserkühlung der Rechner Temperaturen von 65°C
auszukoppeln und damit einen Teil des Gebäudes mit Wärme zu versorgen. 6. Gibt es Überlegungen, Rechenzentren nicht mehr in
Gewerbegebiete, sondern näher an Nutzungsmöglichkeiten anzusiedeln? Bislang haben wir keine Kenntnis darüber, ob es
Überlegungen gibt, die Rechenzentren gezielt in der Nähe von neuen Stadtteilen
anzusiedeln. Gleichwohl wurde im Abwärmekataster des Energiereferates durch
Überlagerung der Abwärmekarte mit dem Wohnbauland Entwicklungsplan ein
potenzielles Abwärmenutzungskonzept für das "Avaya Gelände-Gallus"
identifiziert, das jetzt näher untersucht wird. Nach Aussage des Stadtplanungsamtes sind
Colocation-Rechenzentren in ihrer derzeit marktgängigen Form, Größe und
Funktion als eine Unterart von Gewerbebetrieben aller Art primär in
Gewerbegebieten nach §8 BauNVO bzw. in Industriegebieten nach §9 BauNVO
anzusiedeln. Bestimmend hierbei ist der Belästigungsgrad des Rechenzentrums und
der dazugehörigen Anlagen. Nach Aussage der Bauaufsicht ergibt sich die Lage der
RZ aufgrund der vorhandenen Infrastruktur: Ziel der Rechenzentrenbetreiber ist
in erster Linie, in der Nähe eines Datenknotens zu bauen. So erklärt sich die
Konzentration von Rechenzentren an verschiedenen Orten der Stadt und die
Attraktivität Frankfurts als größter Internetknoten Europas. Zugleich sind die
Rechenzentren als emitierendes Gewerbe auch ausschließlich in Gewerbe- oder
Industriegebieten zulässig und sollten von Wohngebieten ausreichenden Abstand
einhalten. In Hinblick auf die räumliche
Ansiedlung von Rechenzentren streben das Umweltamt und das Energiereferat ein
gesamtstädtisches Konzept an. Als Planungsgrundlage für die gewerblichen und
häuslichen Wärmebedarfe sowie die Wärmeverteilungsinfrastruktur verweisen wir
auf das Abwärmekataster des Energiereferates. Vertraulichkeit: Nein
dazugehörende Vorlage:
Auskunftsersuchen
vom 10.09.2019, V
1406