Katastrophenschutz für Starkregenereignisse und Sturzfluten vorbereiten - gefährdete Baugrundstücke in Kalbach ermitteln und betroffene Personen durch Warnhinweise für den Ernstfall sensibilisieren
Stellungnahme des Magistrats
Zu Anregung 1: Der Kalbach wurde im Jahr 2006 von der Stadtentwässerung Frankfurt am Main (SEF) naturnah umgestaltet und zur Ableitung eines 50-jährlichen Hochwasserabflusses (HQ50) ausgebaut. Innerhalb des Hochwasserschutzkonzeptes nimmt das Hochwasserrückhaltebecken (HRB) Bommersheim am Oberlauf eine zentrale Stellung zum Schutz der Stadtteile Kalbach und Bonames ein. Das HRB Bommersheim liegt allerdings außerhalb des Stadtgebiets von Frankfurt am Main im Zuständigkeitsbereich des Hochtaunuskreises. Innerhalb des Frankfurter Stadtgebietes wurden zahlreiche Retentionsmulden geschaffen, das Entlastungsgerinne in dem Feuchtgebiet des ehemaligen Flughafens ausgebaut sowie weitere lokale Engpässe im Gewässerverlauf entschärft. Wird der 50-jährliche Hochwasserabfluss überschritten, beginnt das Gewässer naturgemäß auszuufern und die Gewässerrandbereiche werden überflutet. Vor der Umgestaltung des Gewässers konnte der Kalbach lediglich einen zweijährlichen Hochwasserabfluss (HQ2) abführen, ohne auszuufern. Im Vergleich zu benachbarten Gewässersystemen liegt am Kalbach mit einer Hochwassersicherheit von HQ50 ein relativ hoher Schutz vor. Eine Erhöhung des Hochwasserschutzes ist daher aktuell nicht vorgesehen. Zu Anregungen 2 und 3: Im gesamten Stadtgebiet werden die Rechenanlagen von der SEF kontrolliert, insbesondere wenn bekannt ist, dass extreme Regenereignisse angekündigt sind. Nach Kenntnis des Magistrats gab es im Bereich der Verrohrungsstrecke in der Bachstraße bisher keine hydraulischen Probleme. Der erforderliche Durchmesser ist ausreichend groß bemessen. Zurzeit wird der Rechen am Auslass zum Freizeitpark erneuert, so dass dieser zukünftig geöffnet werden kann, um ggf. Treibgut aus der Verrohrungsstrecke besser beseitigen zu können. Zu Anregung 4: Siehe Antwort auf Anregung
- Weiterführende Berechnungen zu den Auswirkungen eines extremen Hochwassers im Bereich des Kalbacher Stadtpfades liegen dem Magistrat nicht vor. Zu Anregung 5: Das Werksgelände der AVO Carbon Germany GmbH fällt in die wasserrechtliche Zuständigkeit des Regierungspräsidiums Darmstadt. Das festgesetzte Überschwemmungsgebiet befindet sich auf dem Werksgelände entlang des Uferbereiches mit einer bereichsweise maximalen Breite von 8 Meter. Nach Einschätzung des Magistrats wäre hier eine Lagerung wassergefährdender Stoffe nur eingeschränkt möglich. Zu Anregung 6: Am 27.10.2021 hat der Magistrat die Starkregengefahrenkarte für Frankfurt am Main vorgestellt. Die Erstellung der Starkregengefahrenkarte ist ein Ergebnis der Arbeit einer innerstädtischen Arbeitsgruppe der Stadtverwaltung unter der Federführung des Umweltamts in Zusammenarbeit mit einem beauftragten Ingenieurbüro. Mit den Starkregengefahrenkarten lassen sich die starkregengefährdeten Grundstücke in Frankfurt am Main ermitteln. Die Starkregengefahrenkarte ist im Geoportal der Stadt Frankfurt am Main (https://geoportal.frankfurt.de/starkregen) digital frei zugänglich einsehbar. Auf Basis einer detaillierten hydraulischen Simulation werden neben den Fließwegen und Fließgeschwindigkeiten (in unterschiedlichen Klassen) für drei verschiedene Niederschlagsszenarien (selten, außergewöhnlich und extrem) auch sich bildende Wassertiefen dargestellt. In der Berechnung wurden die bestehende Kanalisation sowie Gräben und Durchlässe, aber auch Hindernisse wie z.B. Mauern und viele weitere Geländedetails berücksichtigt. Die erstellte Starkregengefahrenkarte für die Stadt Frankfurt am Main geht deutlich über die Genauigkeit hinaus, die eine Fließpfadkarte abbilden könnte. Damit kann sich jede/jeder Interessierte für den jeweiligen Wohnort oder jeden anderen Punkt im Stadtgebiet über mögliche Gefahrenquellen informieren und bei Bedarf auf dem Grundstückseigentum Vorsorgemaßnahmen ergreifen. Zu Frage 1: Kommt es zu einer Lage, bei der die Bevölkerung im Stadtgebiet von Frankfurt gewarnt und informiert werden muss, kann diese Warnung über nachfolgend beschriebene Kanäle bzw. Medien an die Bevölkerung übermittelt werden: Rundfunkwarnmeldung: Über das Lagezentrum der Hessischen Polizei kann eine Rundfunkwarnmeldung angeordnet und an die entsprechenden Rundfunksender (hr1, hr3, hr4, hr INFO, YOU FM, FFH) übermittelt werden. Die Sendeanstalten sind dazu verpflichtet, je nach Einstufung der Gefahrenlage durch die Behörden, Warnmeldungen unverzüglich, bei niederschwelligen Gefahren spätestens im Rahmen der regelmäßigen Nachrichten (z. B. Verkehrsnachrichten), zu senden und bei Bedarf in festgelegten Intervallen zu wiederholen. Sobald behördlicherseits festgestellt wurde, dass keine Gefahr mehr besteht, muss diese Information und Entwarnung ebenfalls von den Rundfunkanstalten gesendet werden. Modulares Warnsystem des Bundes: Das Land Hessen hat der Stadt Frankfurt am Main zur Ergänzung der Warninfrastruktur in Hessen eine Sende- und Empfangsstation für das Modulare Warnsystem des Bundes (MoWaS) zur Verfügung gestellt. Mit MoWaS können per Satellit Warnmeldungen an Rundfunk- und Fernsehstationen sowie an die Notfall-Informations- und Nachrichten-App des Bundes (NINA) übermittelt werden. Die Inbetriebnahme von MoWaS ist, sobald der notwendige Einsatzplan fertiggestellt und die Schulungen des Leitstellenpersonals abgeschlossen sind, bis spätestens Ende 2021 vorgesehen. NINA ist über entsprechende Schnittstellen bidirektional mit den in Deutschland gängigen Bevölkerungswarnsystemen verbunden, so dass per NINA ausgesendete Warnungen auch von anderen WarnApps übermittelt werden. Kurznachrichtendienst Twitter: Zur Verbreitung einer Warnmeldung nutzt die Feuerwehr Frankfurt ebenfalls den Kurznachrichtendienst Twitter. Über den Twitter-Kanal @feuerwehrffm werden neben der Warnung auch Verhaltensanweisungen und, sofern gesicherte Erkenntnisse vorliegen, Informationen zum Einsatzgeschehen veröffentlicht. Die Branddirektion ist sich darüber bewusst, dass, trotz der aktuell rund 118.000 Follower, damit nur ein Bruchteil der sich in einem Warnbereich aufhaltenden Menschen erreicht werden kann. Jedoch werden die Twitter-Meldungen der Feuerwehr von zahlreichen Medien, Radio- und TV-Stationen, die dem Kanal @feuerwehrffm folgen, größtenteils sofort geteilt und für eigene Nachrichtenbeiträge verwendet, wodurch die Verbreitung einer Warnung signifikant erhöht wird. Website der Feuerwehr Frankfurt am Main: Auf der Webseite www.feuerwehr-frankfurt.de werden im Fall einer Warnung, mittels zum Teil vorbereiteten Dark Sites, konkrete Verhaltensanweisungen für die Bevölkerung und Informationen zum Einsatzgeschehen veröffentlicht. In sämtlichen Warnmeldungen per Rundfunk, WarnApps und auf Twitter wird auf dieses Medium als zuverlässige Informationsquelle hingewiesen. Website des Hessischen Landesamtes für Naturschutz, Umwelt und Geologie: Auf der Webseite www.hochwasser-hessen.de und den dort verlinkten Informationen, wie etwa zur App "Meine Pegel", werden hessenweit aktuelle Wasserstände angezeigt. Lautsprecherdurchsagen: Bei Bedarf können in betroffenen Gebieten Lautsprecherdurchsagen gemacht werden, um die dort anwesende Bevölkerung zu erreichen und zu warnen. Lautsprecherdurchsagen können von der Feuerwehr mit den bei zahlreichen Einsatzfahrzeugen fest verbauten Lautsprecheranlagen, mittels speziell hierfür bereitgehaltenen mobilen Systemen sowie durch die Polizei erfolgen. Bürgertelefon: Je nach Lage kann auch ein Bürgertelefon eingerichtet werden. Im Bedarfsfall wird die Rufnummer des Bürgertelefons von der Feuerwehr und den Medien kommuniziert. Das Bürgertelefon dient dabei nicht nur als barrierefreier Kommunikationskanal, sondern hat auch die Aufgabe eine Überlastung des Notrufs (112) der Feuerwehr, der in besonderen Einsatzlagen häufig für Rückfragen missbraucht wird, zu verhindern. Sirenen: Um bei einem Störfall in den Frankfurter Industrieparks (Höchst und Fechenheim) die Anwohnerinnen und Anwohner in direkter Nachbarschaft warnen zu können, wurden in den angrenzenden Stadtteilen Warnsirenen von den Industrieparkbetreibern installiert. Kommt es zu einem Brand oder Stoffaustritt, bei dem eine Gefährdung von Anwohnern nicht ausgeschlossen werden kann, werden die betroffenen Stadtteile über diese Sirenen gewarnt. Zu Frage 2: Im Oberlauf des Kalbaches wird aktuell eine Wasserstandsmessung im HRB Bommersheim (Hochtaunuskreis) zur Erfassung der Beckenfüllstände installiert, die im nächsten Jahr in Betrieb gehen wird. Die Unterhaltung des Beckens und der Messeinrichtung liegen im Zuständigkeitsbereich der Stadt Oberursel. Im Rahmen einer Gewässeruntersuchung betreibt die Stadtentwässerung Frankfurt am Main (SEF) temporär Wasserstandsmessungen in der Nidda. Die nächstgelegene Messstelle befindet sich an der Fußgängerbrücke des ehemaligen Flugfeldes in Bonames bei Flusskilometer km 14,150. Nach Beendigung der Untersuchung werden die Messstellen wieder zurückgebaut. Ein weiterer Betrieb ist nicht beabsichtigt bzw. auf Grund der Abflusspegelmessung in Bad Vilbel (Landespegel) durch das Hessische Landesamt für Naturschutz, Umwelt und Geologie (HLNUG) auch nicht weiter notwendig. Zu Frage 3: Die im Bericht B 415 auf Grundlage einer Machbarkeitsanalyse der Branddirektion genannten 152 Sirenen sind bisher nicht beschafft worden. Es ist geplant, der Stadtverordnetenversammlung in den nächsten Monaten im Rahmen der Brandschutzbedarfsplanung ein von der Branddirektion erarbeitetes Warnkonzept zur Beschlussfassung vorzulegen. In diesem Konzept spielen Sirenen zur Warnung der Bevölkerung eine wesentliche Rolle. Die Ortsbezirke Kalbach und Riedberg sind Bestandteil des Konzepts und werden bei der Installation der Sirenen in Frankfurt einbezogen. Zu Frage 4: Aus kapazitären und haushaltsrechtlichen Gründen waren weiterführende Maßnahmen bisher nicht möglich. Zu Frage 5: Derzeit sind in Frankfurt ausschließlich im Bereich der Industrieparks Höchst und Fechenheim Sirenen zur Warnung der Bevölkerung vorhanden. Bei deren Auslösung kann die betroffene Bevölkerung über die in der Antwort zur Frage 1 beschriebenen Kommunikationskanäle gewarnt bzw. informiert werden. Zu Frage 6: Das Modulare Warnsystem wurde zwischenzeitlich vollumfänglich an das Leitstellensystem angeschlossen. Der dazu notwendige Einsatzplan befindet sich kurz vor der Fertigstellung. Nachdem im September 2021 das neue Einsatzleitprogramm IGNIS Plus in Betrieb genommen und die dazu notwendigen Schulungen der Leitstellenbediensteten weitestgehend abgeschlossen werden konnten, ist für November 2021 die Schulung des Leitstellenpersonals zur Bedienung von MoWaS geplant. Mit der Inbetriebnahme des Systems wird etwa Mitte Dezember 2021 gerechnet.