Höchst: Gedenktafel für Karl Koch
Stellungnahme des Magistrats
Das Institut für Stadtgeschichte befürwortet das Vorhaben, mit einer Gedenktafel an den selbstlosen Einsatz des Polizeibeamten Karl Koch am 17. Polizeirevier in Höchst zu erinnern. Josefine Walter, geborene Schain, erinnerte sich 1989 in dem für ein Ausstellungsprojekt des Jüdischen Museums verfassten "Bericht meiner Erlebnisse in Höchst von 1933-1945 infolge rassischer Gründe" an ihren Helfer und Retter, den Meister der Schutzpolizei Karl Koch vom 17. Revier. Als "Halbjüdin" überstand Josefine Schain die NS-Diktatur nur dank seines selbstlosen Einsatzes und dessen Ehefrau Philippine: "Herr Koch", erinnerte sich Josefine Walter 1989, "wohnte im gleichen Haus wie wir und kannte mich schon als kleines Kind und achtete meine Eltern sehr. [...] Es wurden immer wieder Transporte zusammengestellt, um noch in Frankfurt lebende Juden und jetzt auch Halbjuden in die Lager abzutransportieren. [...] Herr Koch warnte mich ein paar Tage vorher, wenn wieder ein Transport anbefohlen war, und ich konnte untertauchen, bei außerhalb wohnenden Bekannten, einmal auch durch die Hilfe meines späteren Schwiegervaters. Dies geschah vier- oder fünfmal, und als beim letzten Transport die Zeit ganz kurz war, versteckten Herr und Frau Koch mich in ihrer Wohnung. Wenn der jeweilige Transport abgefahren war, wurde ich nicht mehr gesucht." Die Hilfsaktionen des auf Adolf Hitler vereidigten Staatsdieners sind seinerzeit unentdeckt geblieben. In den im Institut für Stadtgeschichte archivierten Personalakten der Staatlichen Polizeiverwaltung Frankfurt am Main findet sich kein Hinweis auf Kochs Engagement für die verfolgte Nachbarstochter. Für Kochs innere Distanz zum Nationalsozialismus hingegen enthalten die Personalakten belastbare Anhaltspunkte. So ist der Polizeibeamte laut Fragebogen vom
- April 1945 zu keinem Zeitpunkt Mitglied der NSDAP gewesen und lediglich dem Reichsluftschutzbund (1935) und der Nationalsozialistischen Volkswohlfahrt (1937) beigetreten. Dagegen hatte Koch in dem "Fragebogen zur Durchführung des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom
- April 1933" gegenüber den Nationalsozialisten seine Mitgliedschaft in der SPD vom November 1918 bis Juni 1920 einräumen müssen. Aufgrund der einstigen Nähe zur SPD und der Nichtmitgliedschaft in der NSDAP stand Koch zumindest in den Anfangsjahren der NS-Diktatur unter Beobachtung. Auf eine Anfrage des Polizeipräsidenten, Kommando der Schutzpolizei, bezüglich der Zuverlässigkeit von Karl Koch teilte am
- März 1937 das Kreispersonalamt der NSDAP mit: "Genannter war vor der Machtübernahme Gegner der Bewegung, ist jedoch politisch aktiv nicht hervorgetreten. Heute ist er Mitglied des Kameradschaftsbundes und gehört der NSV an. Eine Tochter ist in der Kinderschar. Koch beteiligt sich gut an den Spenden für NSV und WHW. Nach der Machtübernahme ist politisch Nachteiliges nicht bekannt geworden." Nach der Befreiung von der NS-Diktatur durch die US-Streitkräfte gereichte Karl Koch die SPD-Vergangenheit und die Nichtmitgliedschaft in der NSDAP zum Vorteil. Unmittelbar nach dem Kriegsende in Frankfurt wurde Koch am
- April 1945 wieder in den Polizeidienst eingestellt und drei Monate später zum Obermeister der Ordnungspolizei befördert. Mit Wirkung vom
- November 1946 wurde Koch zum Vorsteher des
- Polizeireviers ernannt, mit Vollendung des sechzigsten Lebensjahrs erfolgte am
- November 1947 seine Versetzung in den Ruhestand. Wir schlagen folgenden Text vor, den wir mit Frau Waltraud Beck von der Höchster Initiative AG Geschichte und Erinnerung abgestimmt haben: Im
- Polizeirevier arbeitete von 1933 bis 1947 der Polizeibeamte Karl Friedrich KOCH (1886-1972). Selbstlos rettete er seine Nachbarin Josefine Schain, die einen jüdischen Vater hatte, vor der Deportation in ein Konzentrationslager und damit vor dem wahrscheinlichen Tod. Mehrfach warnte er sie vor bevorstehenden Abtransporten, von denen er als Polizist wusste. Als die Zeit einmal zu knapp war, versteckten er und seine Frau sie in ihrer Wohnung.