Jahrelanger Leerstand von zwei Häusern im Nordend
Vorlagentyp: ST Magistrat
Inhalt
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A C H S T A N D : Stellungnahme des Magistrats vom 13.01.2017, ST
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Betreff: Jahrelanger
Leerstand von zwei Häusern im Nordend Vorbemerkung Seit 01.02.1972 galt in Frankfurt am Main - wie in
zahlreichen anderen hessischen Städten und Gemeinden - das Verbot der
Zweckentfremdung von Wohnraum nach Artikel 6 des Gesetzes zur Verbesserung des
Mietrechts und zur Begrenzung des Mietanstiegs sowie zur Regelung von
Ingenieur- und Architektenleistungen (Mietrechtsverbesserungsgesetz - MRVerbG
-). Hiernach waren in Gemeinden, in denen Wohnungsmangel herrschte, die
Beseitigung, das Leerstehenlassen sowie die Nutzungsänderung von Wohnraum
grundsätzlich verboten und durften nur mit einer besonderen Ausnahmegenehmigung
der Kommune erfolgen. Alleine im Zeitraum der Jahre 1985 bis 2003 (hierfür
liegen die statistischen Daten noch vor) wurden für den Frankfurter
Wohnungsmarkt fast 9.000 Wohnungen aus zweckfremden Nutzungen zurückgewonnen,
durch entsprechende Interventionen für eine dauerhafte Wohnnutzung erhalten
oder durch Ermöglichung von Neubauvorhaben zusätzlich hinzugewonnen. Nach
damaligen Erstellungskosten entspricht dies einem Wert von über 1,3 Mrd.
€. Daneben wurden im gleichen Zeitraum durch Ablöse- und Ausgleichsbeträge
sowie Bußgelder insgesamt rd. 12 Mio. € eingenommen, die der
zweckgebundenen Rücklage zur Sozialbindung des Grundeigentums zuflossen und
ausschließlich zur Förderung des Wohnungsbaus verwendet werden durften. Gleichwohl hielt die Hessische Landesregierung die
Anwendung des Verbotes der Zweckentfremdung von Wohnraum für nicht mehr
opportun. Ungeachtet der Situation, dass eine ausreichende Versorgung der
Bevölkerung mit Wohnraum zu angemessenen Bedingungen in Frankfurt am Main auch
weiterhin nicht bestand, hat sie die Anwendung des Zweckentfremdungsverbots mit
Wirkung ab 27.05.2004 für alle Städte und Gemeinden in Hessen - mithin auch für
Frankfurt am Main - aufgehoben. Zu Nr. 1 und 2: Das Leerstehenlassen von Wohnraum verstößt weder
gegen die Hessische Bauordnung (HBO) noch gegen die geltende Erhaltungssatzung.
Bauaufsichtliche Maßnahmen gegen das Leerstehenlassen von Wohnraum sind daher
nicht möglich.
Aufgrund der o.g. Entscheidung
der Hessischen Landesregierung aus dem Jahr 2004, die bundesgesetzliche
Regelung des Verbotes der Zweckentfremdung von Wohnraum in ganz Hessen nicht
weiter anzuwenden, bestehen für den Magistrat auch in wohnungswirtschaftlicher
Hinsicht keine Möglichkeiten der Intervention. Zu Nr. 3 und 4: Für die Wiedereinführung eines Verbotes der
Zweckentfremdung von Wohnraum ist nach der sog. Föderalismusreform 2006 nicht
mehr nur der Erlass einer Verordnung durch die Landesregierung, sondern
vielmehr ein Gesetzgebungsverfahren des Landtags erforderlich. Der Magistrat hat sich bei der Hessischen Ministerin
für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz mehrfach dafür
eingesetzt, ein solches Gesetz zu initiieren. Weiterhin hat der Magistrat in seiner Stellungnahme
an den Hessischen Landtag vom 30.05.2016 zum Gesetzentwurf der Fraktion DIE
LINKE für ein Gesetz gegen Leerstand und Zweckentfremdung von Wohnraum
(Drucksache 19/3068 vom 26.01.2016) betont, dass er ein Landesgesetz über das
Verbot der Zweckentfremdung für notwendig hält, um einen wirksamen
Bestandsschutz wieder zu etablieren. Die Fraktion DIE LINKE hat ihren Gesetzentwurf
zwischenzeitlich zurückgezogen und unter Berücksichtigung des Ergebnisses der
Expertenanhörung - insbesondere auch der Stellungnahme des Magistrats - einen
neuen Entwurf formuliert und als Drucksache 19/4041 am 14.11.2016 in das
Gesetzgebungsverfahren eingebracht. Der Magistrat erwartet, auch in diesem
Verfahren erneut an einer Expertenanhörung beteiligt zu werden. Zu Nr. 5: Das Leerstehenlassen von Wohnräumen stellt - wie
oben bereits dargestellt - nach der derzeitigen Gesetzeslage unter keinem
rechtlichen Gesichtspunkt einen Rechtsverstoß dar. Eine
Interventionsmöglichkeit besteht daher nicht. Gegen die bauplanungsrechtlich unzulässige Nutzung
von Wohnraum zu anderen als Wohnzwecken geht der Magistrat - Bauaufsicht - in
Wohngebieten seit vielen Jahren durch Einleitung entsprechender
Verwaltungsverfahren vor mit dem Ziel, diese Nutzungen zu beenden. Darüber
hinaus können Rechtsverstöße mit Bußgeldern geahndet werden. Baurechtlich kann
jedoch nicht angeordnet werden, dass diese Wohnungen künftig tatsächlich - z.B.
durch Vermietung - wieder für eine Wohnnutzung verwendet werden. Wo allerdings die planungsrechtliche Situation auch
eine andere als wohnliche Nutzung nicht nur als Ausnahme erlaubt, besteht ein
Rechtsanspruch auf die Erteilung der Umnutzungsgenehmigung, wenn ein Bauantrag
gestellt wird, um die nichtwohnliche Nutzung einer Wohnung zu legalisieren.
Einen besonderen bauplanungsrechtlichen Schutz genießen Wohnungen hier nicht.
Dies kann bereits in einem Allgemeinen Wohngebiet (§ 4 Baunutzungsverordnung -
BauNVO) der Fall sein, insbesondere aber in Misch- und Kerngebieten (§§ 6, 7
BauNVO). Nachbemerkung: Die derzeit einzige gesetzliche Option, die vom
Ortsbeirat angesprochene Umwandlung der Rechtsform von Wohnungen vom
Bestandteil eines unaufgeteilten Wohnhauses zum Wohnungseigentum regulierend zu
beschränken, besteht im Erlass einer Verordnung der Landesregierung nach § 172
Abs. 1 Satz 4 Baugesetzbuch für Gebiete von Milieuschutzsatzungen. Einen Antrag
der Fraktion der SPD (Drucksache 19/2551 vom 04.11.2015), die Landesregierung
zum Erlass einer solchen Verordnung zu veranlassen, hat der Hessische Landtag
am 22.06.2016 abgelehnt. Der oben erwähnte aktuelle Gesetzentwurf der
Landtagsfraktion DIE LINKE (Drucksache 19/4041) beinhaltet nun auch eine
Regelung, mit der den Gemeinden ein eigenständiges Recht zum Erlass von
Satzungen zur Regulierung der Umwandlung in Wohnungseigentum gegeben werden
soll. Dies entspricht allerdings nicht der bundesgesetzlichen Vorschrift des
Baugesetzbuches. Vertraulichkeit: Nein
dazugehörende Vorlage:
Auskunftsersuchen
vom 06.10.2016, V 186