Rechenzentren im Ortsbezirk 11 - Gewerbesteuer, erteilte Genehmigung, Auflagen, Bebauungsplan
Stellungnahme des Magistrats
Zur Frage 1 Die Frage kann nicht beantwortet werden. Bei der Gewerbeanmeldung oder der Steuererklärung gegenüber dem Finanzamt werden Rechenzentren oft unter anderen Begrifflichkeiten subsumiert, wie z.B. IT-Dienstleistungen. Infolgedessen ist eine Auswertung nach Branche "Rechenzentrum" nicht möglich. Außerdem haben viele Anbieter weitere Dienstleistungen in ihrem Portfolio, sodass die Gewerbesteuereinnahmen nicht nur der Dienstleistung Rechenzentrum zugeordnet werden können. Des Weiteren ist zu bedenken, dass gerade erst entstandene Rechenzentren in der Regel noch keine Gewinne erzielen, die zu Gewerbesteuererträgen führen. Daher kann keine Prognose für die nächsten fünf Jahre erstellt werden. Zu den Fragen 2 bis 4 Das Stadtplanungsamt hat in Abstimmung mit der Bauaufsicht zwei Karten mit Standorten von Rechenzentren im Ortsbezirk 11 erarbeitet (siehe Anlagen 1 und 2). Dargestellt werden Rechenzentren inklusive Betreiber bzw. Bauherr und Adresse. Es werden Gebäude berücksichtigt, die sich im Genehmigungsverfahren befinden, genehmigt, im Bau bzw. in Betrieb sind. Bauprojekte, zu denen noch kein Bauantrag gestellt wurde, werden nicht berücksichtigt. Seckbach: In den Gebieten "Gwinnerstraße" und "Borsigallee" sind vier Rechenzentren in Betrieb. Drei Rechenzentren sind genehmigt oder befinden sich im Bau. Ein Rechenzentrum befindet sich aktuell im Genehmigungsverfahren (Anlage 1). Fechenheim: Auf dem ehemaligen Neckermanngelände entstehen insgesamt sieben Rechenzentren (nach Zählweise des Betreibers elf, da allein fünf Rechenzentren ins Egon-Eiermann-Gebäude integriert werden), wovon zwei bereits im Baugenehmigungsverfahren sind (Anlage 2). Zur Frage 5 Zum Strombedarf der Rechenzentren in Fechenheim liegen keine Informationen vor. Diese werden, wenn sie ermittelt werden können, zu einem späteren Zeitpunkt nachgereicht. Generell wächst der Stromverbrauch der Rechenzentren in ganz Frankfurt. Inwieweit dieser schon heute oder in der Zukunft als klimaneutral bezeichnet werden kann, müsste durch eine Definition geklärt werden. Nach Einschätzung des Magistrats wäre Klimaneutralität gegeben, wenn die elektrische Energie aus neuen Erneuerbare Energien-Anlagen bedarfsgerecht für die Rechenzentren produziert würde. Nach Kenntnis des Magistrats wird die Abwärme der Rechenzentren derzeit nur marginal (d.h. für eigene Heizzwecke) genutzt. Zur Frage 6 Die Vorhaben auf dem ehemaligen Neckermanngelände in Fechenheim liegen im Geltungsbereich der qualifizierten Bebauungspläne NO23b Nr1 und NO23d Nr1. Zur Frage 6 a) Einfügung in die Eigenart der näheren Umgebung Die Bauvorhaben in Seckbach im Gewerbegebiet "Gwinnerstraße" werden nach § 34 Abs. 1 BauGB beurteilt und fügen sich als Gewerbebetriebe in die Eigenart der näheren Umgebung ein. Das Maß der baulichen Nutzung wird aus der im Bestand vorhandenen Bebauung abgeleitet und entspricht der heterogenen Bebauungsstruktur vor Ort. Bei der Beratung der Bauvorhaben wurde Wert daraufgelegt, den vor Ort vorhandenen starken Versiegelungsgrad von mehr als 90 % nicht fortzusetzen und auf das für gewerblich-industriell genutzte Gebiete typische Maß von 80 % zu begrenzen. Im Gegenzug werden 20 % der Grundstücksfläche als begrünte und wasserdurchlässige Freiflächen angelegt. Bauweise und zu überbauende Grundstücksfläche entsprechen der Bestandssituation, weshalb sich die Bauvorhaben auch hier in die Eigenart der näheren Umgebung einfügen. Gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse Die gesunden Wohn- und Arbeitsverhältnisse sind insbesondere durch die Einhaltung der Mindestabstandsflächen nach § 6 der HBO sowie durch die Einhaltung der in dem Gebiet zulässigen Emissionswerte gewahrt. Ortsbild Das Ortsbild im Gewerbegebiet "Gwinnerstraße" ist geprägt durch eine heterogene Bebauungsstruktur, die in Bezug auf das Maß (Gebäudegrundfläche, Gebäudehöhe) und hinsichtlich der unterschiedlichen Nutzungen variiert. Das Bild wird vor allem durch großformatige Produktions- und Lagergebäude, Büro- und Verwaltungsräume sowie städtebauliche Sonderformen wie z.B. großflächigen Einzelhandel, Produktionshallen und Rechenzentren geprägt. Eine nach dem BauGB unzulässige Beeinträchtigung des Ortsbildes liegt nicht vor. Zur Frage 6 b) Genehmigte Bauvorhaben haben nach dem öffentlichen Baurecht Bestandschutz, daher kommen nachträgliche Anforderungen regelmäßig nicht in Betracht. Eine Ausnahme kann die emissionsrechtliche Genehmigung zu den Notstromaggregaten sein. Diese nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) vom Regierungspräsidium Darmstadt genehmigten Anlagen können nachträglich an den Stand der Technik anzupassen sein. Zur Frage 6 c) Die artenschutzrechtlichen Verbote (§ 44 BauGB) gelten auch innerhalb des Innenbereichs bzw. Geltungsbereichs von Bebauungsplänen. Insofern sind Regelungen auf Basis des Artenschutzrechts grundsätzlich denkbar. Beispielsweise könnten Beleuchtungen ausgeschlossen oder reglementiert werden, sofern eine begründete Wahrscheinlichkeit besteht, dass hierdurch geschützte Tierarten oder deren Fortpflanzungs- und Ruhestätten erheblich beeinträchtigt oder getötet werden. Hierfür müssten jedoch entsprechende Untersuchungen oder gutachterliche Einschätzungen vorgenommen werden. Es wird geprüft, inwieweit diese im Zusammenhang mit den Regelungen bezüglich des FFH-Gebiets Seckbacher Ried auch bei vorhandenen Rechenzentren, die sich in unmittelbarer Nähe zum Seckbacher Ried befinden, verlangt werden können. Die Naturschutzgebietsverordnung Seckbacher Ried umfasst lediglich Verbotstatbestände, die sich im Geltungsbereich des Schutzgebiets ergeben. Das Naturschutzgebiet und die östlich angrenzenden Flächen sind darüber hinaus FFH-Gebiet. Alle Veränderungen und Störungen, die zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Natura 2000-Gebiets in seinen für die Erhaltungsziele oder den Schutzzweck maßgeblichen Bestandteilen führen können, sind unzulässig (§ 33 BNatSchG). Einwirkungsmöglichkeiten könnten z.B. entstehen durch Lichtimmissionen (Beeinflussung des Lebenszyklus von Pflanzen und Tieren), Nährstoffeintrag (über Stickstoffemissionen aus der Abluft der Notstromaggregate) oder Veränderungen der kleinklimatischen Situation (Wärmeemission). Eine Beurteilung, inwieweit Veränderungen oder Störungen des FFH-Gebiets durch Einwirkungen der Rechenzentren eintreten bzw. eingetreten sind, kann derzeit nicht beurteilt werden. FFH-Vorprüfungen oder Verträglichkeitsprüfungen sind der Unteren Naturschutzbehörde nicht bekannt. Es wird seitens der Naturschutzbehörde geprüft, in welchem Umfang die Untersuchungen und Prüfungen bei aktuellen Anträgen sowie bei den bereits vorhandenen Rechenzentren im Nachhinein verlangt werden können. Der Schutz vor schädlichen Umwelteinwirkungen wird zudem durch das BImSchG geregelt. Es gibt im BImSchG keine festgelegten Schutzabstände. Die verschiedenen Umweltauswirkungen werden durch Verordnungen und allgemeine Verwaltungsvorschriften geregelt:
- Schutz gegen Geräusche, Lärm Die zulässigen Emissionen sind in der TA-Lärm geregelt und werden durch das RP- Darmstadt auf deren Einhaltung im Betrieb geprüft.
- Schutz gegen Luftschadstoffe, Gerüche, Wärme Der Schutz vor Luftschadstoffen wird durch die "Verordnung über mittelgroße Feuerungs-, Gasturbinen und Verbrennungsmotoranlagen" (44.BImSchV) und die "Technische Anleitung zur Reinhaltung der Luft" (TA Luft) sichergestellt. Den Schutz vor Geruchsbelästigungen regelt ein Abschnitt der TA Luft. Die hierfür relevanten Notstromaggregate werden vom RP-Darmstadt nach dem BImSchG geprüft und genehmigt.
- Schutz vor übermäßigen Lichtemissionen Die "Hinweise zur Messung, Beurteilung und Minderung von Lichtimmissionen der Bund/Länder-Arbeitsgemeinschaft für Immissionsschutz (LAI)" können zur Beurteilung im Konfliktfall herangezogen werden. Lichtemissionen werden regelmäßig bei Stadionbauten beurteilt, nicht jedoch bei Gewerbegebäuden. Daher liegen bei Gewerbegebäuden regelmäßig keine Bauvorlagen zur Außenbeleuchtung bei.
- Schutz vor technisch erzeugten (künstlichen) elektrischen, magnetischen, elektromagnetischen Feldern Hierzu sind im Baugenehmigungsverfahren keine Regelwerke anzuwenden / bekanntgemacht. Regelungen zum Schutz vor elektrischen, magnetischen und elektromagnetischen Feldern für die Umwelt enthält die "Verordnung über elektromagnetische Felder" (26.BImSchV).
- Schutz vor Sicherheitsrisiken (Sabotage, Terrorakte, Brand) Sabotage oder Terrorakte werden im Baugenehmigungsverfahren grundsätzlich nicht betrachtet. Der Brandschutz wird im Verfahren geprüft und genehmigt. Die sicherheitstechnischen Anlagen für den Brandfall gehen bei Rechenzentren weit über das in Gewerbebauten übliche Maß hinaus; dies liegt allein schon am Eigeninteresse der Betreiber an einem möglichst störungsfreien Dauerbetrieb. In Rechenzentren sind z.B. auf die Feuerwehr Frankfurt aufgeschaltete automatische Brandmeldeanlagen Standard. Ebenso werden in den Rechenzentren standardmäßig Löschanlagen eingebaut. Bei Beteiligung im Baugenehmigungsverfahren werden die klimatischen Auswirkungen eines Rechenzentrums vom Umweltamt einzelfallbezogen geprüft und beurteilt. Dabei ist zunächst auf Grundlage des Klimaplanatlas Frankfurt am Main die klimatische Situation im Umfeld des geplanten Rechenzentrums zu analysieren (Wärmebelastung, Luftaustausch, nächtliche Kaltluftströmung), um potenzielle Beeinträchtigungen des Klimas zu erkennen und diesen, sofern erforderlich, entgegenzuwirken. Zur Frage 6 d) Rechenzentren werden bezüglich ihrer Emissionen und Auswirkungen auf Umwelt und Nachbarschaft durch das BImSchG geregelt. Rechenzentren werden baurechtlich genehmigt und benötigen für Notstromdieselanlagen einer bestimmten Größe auch eine Genehmigung nach dem BImSchG. Eine Genehmigung nach BImSchG ist ab einer Feuerungswärmeleistung (nicht: elektrische Nettoleistung) der Notstromdieselanlagen von 50 MW notwendig. Genehmigungsbehörde ist für das Stadtgebiet Frankfurt am Main das RP-Darmstadt, das im Rahmen des Genehmigungsverfahrens verschiedene Dienststellen der Stadt Frankfurt beteiligt. Bei BImSchG-Genehmigungen muss der Antragsteller nachweisen, dass die rechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Üblicherweise werden den Antragsunterlagen zu verschiedenen Fragestellungen, wie beispielsweise zu Lärm und zu Luftschadstoffen (v.a. NOX), detaillierte Fachgutachten beigefügt. Die Unterlagen der BImSchG-Genehmigungsverfahren sind im Allgemeinen sehr umfangreich und detailliert. Bei Notstrommotorenanlagen mit einer Feuerungswärmeleistung größer 50 MW, d.h. bei genehmigungspflichtigen Anlagen nach dem BImSchG, treffen den Betreiber die erweiterten Grundpflichten nach § 5 BImSchG zur Vermeidung schädlicher Umweltauswirkungen und zur Vorsorge gegen schädliche Umwelteinwirkungen sowie insbesondere die Einhaltung des Stands der Technik. Konkrete Vorgaben, wie vor allem Emissionsgrenzwerte, ergeben sich aus nachgeordneten Verordnungen und Regelungen entsprechend der Auflistung im Abschnitt zu Frage 6 c). Die Grenzwerte für Notstromaggregate sind im Allgemeinen weniger streng als für dauerhaft betriebene Anlagen. Rechenzentren emittieren Geräusche mit signifikanten tieffrequenten Anteilen. Diese werden bezüglich ihrer Zumutbarkeit aufgrund eines Verweises in der TA Lärm nach DIN 45680-1997 bewertet. Eine Prognose ist im Allgemeinen jedoch komplexer als für mittel- und hochfrequente Geräusche. Es ist bekannt, dass die Bewertung nach DIN 45680 nicht alle Belästigungen zuverlässig berücksichtigt und sich tieffrequente Geräusche weiträumig ausbreiten können. Zusätzlich kann der hessische Leitfaden zur Ermittlung von Schornsteinmindesthöhen und zulässiger maximaler Betriebszeiten durch Immissionsprognosen in Genehmigungsverfahren für Rechenzentren mit Notstromdieselmotoranlagen des RP-Darmstadt herangezogen werden, der viele Detailanforderungen an die notwendigen Prognosen zur Beurteilung der Emissionen von Luftschadstoffen enthält. Für die allgemeine Sicherstellung einer guten Luftqualität sind die Immissionsgrenzwerte der Verordnung über Luftqualitätsstandards und Emissionshöchstmengen (39. BImSchV) ausschlaggebend. Zuständig für die Umsetzung der Luftqualität im Sinne der
- BImSchV ist grundsätzlich das Land Hessen. Die Emissionen der Rechenzentren von Stickoxiden unterschreiten nach den Immissionsprognosen die Irrelevanzschwelle und sind für die Einhaltung des Grenzwerts für Stickstoffdioxid und Feinstaub (PM10) nicht ausschlaggebend. Inzwischen werden in Frankfurt auch alle gesetzlichen Immissionsgrenzwerte der Luftqualität eingehalten. Die Emissionen der Notstromaggregate sind hinsichtlich der Vorgaben zur Luftreinhaltung und Luftqualität im Allgemeinen unkritisch, begrenzender Faktor bei den Emissionen sind eher die Stickstoffdepositionen in Naturschutzgebieten. Die Begrenzung der Emissionen auf ein unschädliches Maß erfolgt in diesen Fällen beispielsweise über eine Begrenzung der maximal zulässigen Betriebszeit. Zur Frage 6 e) Die genannten Einrichtungen sind Teil der Rechenzentren und mit diesen insgesamt in dem Gebiet zulässig. Bei bestehenden Rechenzentren gestattet die HBO über den § 63 in Verbindung mit der Anlage zum § 63 HBO (baugenehmigungsfreie Anlagen) zahlreiche nicht genehmigungspflichtige Veränderungen. Zu den Fragen 7 und 8 (zum Verfahren B 558) Bei Rechenzentren stehen anlagenbedingte Auswirkungen wie der Einfluss des Gebäudes auf das Strömungsfeld sowie der Materialeigenschaften auf Wärmespeicherung/-abgabe als auch betriebsbedingte Auswirkungen durch die Abwärme im Fokus. Letztere bestimmt sich maßgeblich über die Leistung des Rechenzentrums sowie die Technik und Anordnung der wärmeemittierenden Anlagenteile (Kühler, Transformatoren, Ersatzenergieanlagen). Numerische Klimauntersuchungen für Rechenzentren im Gewerbegebiet Sossenheim haben gezeigt, dass die über Dach abgeleitete Abwärme dichtebedingt weiter aufsteigt und dadurch das bodennahe Umfeld in der Regel nicht tangiert wird. Die Stadtverordneten haben den Aufstellungsbeschluss zur Neueinleitung des Bebauungsplanverfahrens 558 im Januar 2022 beschlossen, die Bürger- und Trägeranhörung fand im Juni und Juli 2022 statt. Die Ziele und Zwecke des Bebauungsplanverfahrens zielen u.a. auch auf eine Steuerung der Ansiedlung von Rechenzentren ab. Zur Frage 9 Die ersten beiden Fragen können im Rahmen der Stellungnahme nicht beantwortet werden. Die Baugenehmigungen der bestehenden Rechenzentren erfolgten auf Basis geltender Regelungen und Gesetze.