Pflegeeinrichtung im Neubaugebiet Leuchte
Vorlagentyp: ST Magistrat
Stellungnahme des Magistrats
Zusammenfassung der Anregung OM 3748 (Anregung nebst Anlage) In der Anregung OM 3748 wird die Idee beschrieben, in dem Neubaugebiet Leuchte "in einem Wohnblock möglichst barrierefrei (EG) eine Tagesstätte für an Demenz erkrankte und geistig behinderte Menschen (die aus Altersgründen keiner Arbeitstätigkeit mehr nachgehen können) einzurichten.(...) Die Möglichkeit, die Tagespflege aus dem EG im
- Stock durch professionell betreuten Wohnraum und zusätzliche Kurzzeitpflegeplätze zu erweitern, damit für pflegende Angehörige von AUCH ‚jungen' Menschen mit Behinderungen und erhöhtem Pflegebedarf eine 24/7 Notfallbetreuung gegeben ist!" Auch wird eine Erweiterung des Konzepts hin zur Versorgung älterer Menschen beschrieben. Damit skizziert die beschriebene Idee, in einer Einrichtung ein Angebot für Menschen mit Behinderung und/oder Pflegebedarf abzudecken. Das Leistungsspektrum soll sowohl ambulante Angebote als auch stationäre Pflege umfassen. Es werden Angebote für verschiedene Zielgruppen angesprochen, die auf Basis gesetzlicher Bundes- und Landesregelungen von unterschiedlichen öffentlichen Kostenträgern erbracht werden. Erläuterung der gesetzlichen Regelungen Leistungen für Menschen mit Behinderung und Leistungen für pflegebedürftige Menschen sind in unterschiedlichen Gesetzen geregelt. Dies umfasst sowohl die Zuständigkeit für die Erbringung der Leistung als auch die Finanzierung. Menschen mit Behinderung fallen in den Bereich der Eingliederungshilfe. Diese ist eine Sozialleistung, die seit
- Januar 2020 durch das Bundesteilhabegesetz im Teil 2 des neunten Sozialgesetzbuches geregelt ist. Sie soll Menschen mit einer Behinderung oder von Behinderung bedrohten Menschen helfen, die Folgen ihrer Behinderung zu mildern und sich in die Gesellschaft einzugliedern. Menschen mit Behinderung brauchen oft Unterstützung in verschiedenen Lebensbereichen. Diese Unterstützung soll insbesondere durch Leistungen der Eingliederungshilfe gewährleistet werden. Das Ziel ist eine möglichst selbstbestimmte Teilhabe am Leben. In Tagesstätten finden seelisch behinderte Menschen ein Angebot, das sie individuell fördern und zu einer selbstständigen Lebensweise befähigen soll. Die Leistungen der Eingliederungshilfe werden vom Träger der Eingliederungshilfe erbracht. In Hessen liegt die Zuständigkeit beim Landeswohlfahrtsverband Hessen (LWV Hessen). Ergänzend ab 01.01.2024 auch für Menschen, die erstmalig nach Eintritt in das Rentenalter Leistungen der Eingliederungshilfe beantragen. "Hilfe zur Pflege" ist eine bedarfsorientierte Sozialleistung zur Unterstützung pflegebedürftiger Personen. Sie steht ausschließlich pflegebedürftigen Personen zu, die ihre Pflege nicht mit Hilfe der Pflegekasse, durch eigenes Einkommen oder Vermögen bestreiten können. Das Leistungsangebot umfasst bedarfsorientiert eine ambulante Versorgung zu Hause oder stationäre Hilfen in einer Einrichtung. Die Tagespflege ist eine sogenannte teilstationäre Versorgung, die zeitweise im Tagesverlauf in einer Pflegeeinrichtung erbracht wird. Die Pflegebedürftigen werden meist morgens abgeholt und nachmittags nach Hause zurückgebracht. Die Verhinderungspflege kommt zum Tragen, wenn pflegende Angehörige vorübergehend an der Pflege gehindert sind oder eine Auszeit brauchen. Die pflegebedürftige Person kann dann weiterhin zuhause versorgt werden, nur durch eine oder mehrere andere Personen. Die Kurzzeitpflege in einer stationären Einrichtung dient der Versorgung, wenn die häusliche Pflege zeitweise nicht oder nicht im erforderlichen Umfang erbracht werden kann. Für die Leistungen "Hilfe zur Pflege" ist in Hessen sowohl ambulant als auch stationär die Stadt Frankfurt als örtlicher Sozialhilfeträger zuständig. Einordnung der Anregung OM 3748 in Bezug auf die gesetzlichen Rahmenbedingungen Menschen mit geistiger Behinderung erhalten Leistungen im Bereich Eingliederungshilfe. Menschen mit Demenz erhalten in der Regel Leistungen aus dem Bereich "Hilfe zur Pflege". Verhandlungen über eine Einrichtung, die sowohl Angebote aus dem Leistungsspektrum "Hilfe zur Pflege" als auch aus dem Leistungsspektrum "Eingliederungshilfe" vorhält, sind mit allen beteiligten Leistungsträgern zu führen. In diesem Fall wären dies neben der Stadt Frankfurt und dem Landeswohlfahrtsverband Hessen die Landesverbände der Pflegeversicherung sowie der Träger, der die Einrichtung projektiert. Für die unterschiedlichen Zielgruppen kommen insbesondere im Bereich der Pflege individuell und bedarfsorientiert unterschiedliche Angebote zum Tragen. Ein Leistungserbringer, der bereit ist, das skizzierte Konzept zu realisieren und auch entsprechende Investitionen zu tätigen (z.B. Bau der Einrichtung), steht vor der Herausforderung, alle geforderten Leistungen für alle beschriebenen Zielgruppen mit den zu beteiligenden Parteien zu verhandeln. Bislang haben sich vergleichbare Ansätze nicht als tragfähig erwiesen. 2018/2019 wurde beispielsweise mit dem Sozialwerk Main-Taunus und dem Frankfurter Verband das Konzept einer gerontopsychiatrischen Tagespflege verhandelt. Durch den Magistrat wurde das Vorhaben unterstützt, da mit diesem Konzept ein passgenaueres Angebot für pflegebedürftige psychisch kranke Menschen realisiert werden sollte. Die Idee war, Personal und Elemente aus der Eingliederungshilfe in einer neu zu eröffnenden Tagespflegeeinrichtung zusammenzubringen. Die Verhandlungen scheiterten leider daran, dass die Vorstellungen und Vorgaben der einzelnen Beteiligten nicht zusammengeführt werden konnten. Übersicht über die bestehenden Angebote der Kurzzeitpflege in Frankfurt sowie zur Situation in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung Die Verfügbarkeit von Einzelzimmern sowie Plätzen der Kurzzeitpflege stellt sich aktuell wie nachfolgend beschrieben dar: In der an Bergen-Enkheim unweit angrenzenden Henry und Emma Budge-Stiftung gibt es sowohl Doppel- als auch Einzelzimmer, auf insgesamt 160 Plätzen entfallen 32 Einzelzimmer. Frei werdende Einzelzimmer werden in der Regel bereits im Pflegeheim im Doppelzimmer lebenden Bewohner:innen angeboten, die den Wunsch geäußert haben, in ein Einzelzimmer umzuziehen. Neu einziehenden Personen können freie Plätze im Doppelzimmer angeboten werden. Das ebenfalls im angrenzenden Stadtteil Seckbach gelegene Hufelandhaus bietet von den verfügbaren 132 Pflegeheimplätzen 74 Plätze im Einzelzimmer und 29 im Doppelzimmer an. Erfahrungsgemäß werden auch hier die freiwerdenden Einzelzimmer den bereits im Pflegeheim im Doppelzimmer lebenden Bewohner:innen, die den Wunsch geäußert haben, in ein Einzelzimmer umzuziehen, angeboten. Neu einziehenden Personen können auch hier freie Plätze im Doppelzimmer angeboten werden. Die 47 Plätze im Hufelandhaus, die in den Wohnpflegebereichen, die auf die Pflege von Menschen mit Behinderung ("Junge Pflege") spezialisiert sind, werden ausschließlich als Einzelzimmer angeboten. Das im angrenzenden Stadtteil Fechenheim befindliche Pflegeheim Heinrich-Schleich-Haus verfügt ausschließlich über Einzelzimmer (90 EZ mit eigenem Bad). Die (Alten-) Pflegeheime in Frankfurt bieten den pflegeversicherten Bürger:innen neben der vollstationären Pflege auch Kurzzeit- und/oder Verhinderungspflege an. Allerdings überwiegend nicht als "buchbare" (ausschließlich dafür vorgehaltene) Kurzzeitpflege, die insbesondere in der Häuslichkeit pflegende Angehörige sehr häufig lang- als auch kurzfristig suchen. Kurzzeit-/Verhinderungspflege wird in Frankfurt regelhaft als sogenannte "eingestreute" Kurzzeitpflege angeboten. D.h. nur ein aktuell freier, geeigneter Platz kann einem aktuell nachfragenden Kurzzeitgast angeboten werden. Zum Zeitpunkt des Bedarfs - sowohl bei älteren Menschen mit Pflegebedarf als auch bei jüngeren Menschen mit geistiger Behinderung - ist zu prüfen, welche freien und geeigneten Kapazitäten verfügbar sind. Informationen zur Situation in Einrichtungen für Menschen mit Behinderung: Grundsätzlich richten sich die Ausführungen der Anregung OM 3748 auf eine Einrichtung für jüngere Menschen mit geistiger Behinderung. Für geistig behinderte Menschen gibt es in Frankfurt einige betreute Wohnformen, aber auch betreute Wohngruppen bis hin zu Betreuungsangeboten im eigenen Wohnraum. Für Menschen mit körperlichen Behinderungen gibt es in Frankfurt mit dem bereits oben genannten Hufelandhaus eine Pflegeeinrichtung, die über einen spezialisierten Bereich "Junge Pflege" verfügt und Menschen in jüngeren Altersgruppen mit körperlicher Behinderung (Diagnosen wie Zerebralparese, Muskeldystrophie, Spina bifida, Multiple Sklerose, Epilepsie oder Schädel-Hirn-Trauma) und einem hohen Pflege- und Eingliederungsbedarf versorgt. Diese Einrichtung hat in der Regel sehr lange Wartezeiten auf eine Aufnahmemöglichkeit, da die Bewohner:innen dort viele Jahre bzw. Jahrzehnte leben. Insgesamt ist speziell für den Personenkreis jüngere Menschen mit Behinderung aufgrund des sogenannten "Lebensabschnittsmodells" des Hessischen Ausführungsgesetzes zum neunten Sozialgesetzbuch der LWV sowohl für die Beratung als auch die Vermittlung von geeigneten Hilfen und Leistungen im ambulanten wie auch stationären Bereich der Eingliederungshilfe zuständig. Aus Sicht des Jugend- und Sozialamtes nimmt der Anteil der Beratungen für Menschen mit psychischen Erkrankungen zu. Es handelt sich hierbei generell um den Personenkreis der erwachsenen Menschen, nicht nur Menschen über der Regelaltersgrenze. Es geht dabei um multiple Problemlagen, denen nicht nur mit ambulanten Hilfsangeboten begegnet werden kann, sondern weiterführende teil- sowie stationäre Hilfsangebote erfordern. Auch gibt es vermehrt Anfragen von Betroffenen, Angehörigen oder Kliniken, dass nach einem stationären Aufenthalt in der Psychiatrie Plätze für eine stationäre Folgeversorgung fehlen. Insgesamt gibt es einen steigenden Bedarf an vollstationären Angeboten, die über die bestehende Versorgungsstruktur von Alten- und Pflegeheimen hinausgeht. Insbesondere für den Personenkreis der jüngeren Menschen/Erwachsenen fehlen Angebote der stationären und auch teilstationären Versorgung. Die Zuständigkeit für diesen Personenkreis liegt beim LWV. Die Entwicklungsbedarfe im Sinne der Sozialplanung werden im Rahmen der Kooperationsvereinbarung mit dem LWV, der darin vereinbarten AG Sozialplanung und den zweimal jährlich stattfindenden Kooperationskonferenzen eingebracht.